Et in Suburbia ego? Überlegungen zum Motiv der Vorstadt in der US-amerikanischen Fotografie

21.07.2010

Im Zuge von Industrialisierung, steigendem Wohlstand und Bevölkerungswachstum kommt es in den USA der Nachkriegszeit zur rasanten Ausbreitung von Vorstädten, die sich als Agglomerationen über enorme Flächen außerhalb der Zentren größerer Städte erstrecken. Diese in Architektur wie Ausmaß mit den deutschen Vorstädten nicht vergleichbaren „suburbs“ stellen einen spezifisch amerikanischen Typus der Urbanisierung dar. Zahlreiche Untersuchungen von Soziologen und Städteplanern haben sich bereits mit der treffend als „urban sprawl“ bezeichneten Entwicklung eines expansiven Ausgreifens städtischer Siedlungsstrukturen ins Umland befasst. Während der Fokus dabei auf gesellschaftlichen und landschaftlichen Umstrukturierungsprozessen lag, sind sie als künstlerische Inspirationsquelle und Sujet bisher kaum thematisiert worden.

Der Bildervortrag setzte hier an und, nach einer kulturgeschichtlichen Einführung, gab einen ersten Überblick über die wichtigsten Vertreter eines namenlosen fotografischen Genres, deren Bildfindungen sich meist als Hybride aus Landschafts- und Architekturfotografie charakterisieren lassen. Dabei werden das Frühwerk Dan Grahams und die dokumentarischen Werkgruppen Robert Adams’ ebenso in den Blick genommen wie die zeitgenössischen Bildinszenierungen von Gregory Crewdson. Im Mittelpunkt stehen Fragen wie: Was für ein Bild von Stadt(rand) und Gesellschaft wird hier entworfen? An welche künstlerischen Traditionen und Kontexte knüpfen die Künstler an? Und auf welche Art und Weise findet eine kritische Auseinandersetzung mit suburbaner Alltagsarchitektur, Einwohnern, Lebensstil und den damit verbundenen Mythen des „American Way of Life“ statt? Abgerundet wird der Einblick in das spannende Thema durch kleine Exkurse in die Bereiche Film, Literatur und Pressefotografie.

Andreas Prinzing, geb. 1980, hat Kunstgeschichte, Germanistik und Buchwissenschaft an der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz studiert und kürzlich seine Magisterarbeit zum Thema „Picturing Suburbia – Die US-amerikanische Vorstadt im Spiegel der Fotografie 1965-1975“ geschrieben. Nebenbei arbeitet er im Führungsteam der Kunsthalle Mainz.