Le Grand Magasin

17.03.2010

*mit Andreas Wegner (Künstler und Projektleiter von Le Grand Magasin, Berlin) und Hans-Gerd Nottebohm (innova eG, Projektbüro Dortmund, Bundesverband zur Förderung des Genossenschaftsgedankens), Moderation: Bernd Wagner*

In einem Kaufhaus werden üblicherweise die künstlerischen Disziplinen unter das Primat der Ökonomie gestellt, d.h. die Künste werden in den Dienst für das Geschäft genommen (z.B. Werbung, Design, Architektur). In seinem Vortrag hat Andreas Wegner erläutert, worum es im Projekt „Le Grand Magasin“ geht: Hier sind es die Künstler, die sich in einem umkehrenden Akt das Kaufhaus aneignen und dieses für Zwecke nutzbar machen, die von der Kunst als relevant erklärt werden.

Von September 2008 bis Ende 2009 wurde in Berlin das Kaufhaus Le Grand Magasin betrieben, in dem ausschließlich Waren europäischer Produktivgenossenschaften aus dem Nonfood-Bereich ausgestellt wurden. Eine Dependance bestand zwischen dem 11. November 2009 und 17. Januar 2010 im Kontext der Ausstellung „Bilder vom Künstler“ im Frankfurter Kunstverein. Drei Ausstellungen in Ungarn und Tschechien sowie ein Kongress in Deutschland fassen die Ergebnisse zusammen. Ein Teil der Ausstellung war im Frankfurter Kunstverein in der Ausstellung „Das Wesen im Ding“ zu sehen.

„In sozialen Transformationskrisen nehmen Bedeutungen alternativer ökonomischer Produktionsmodelle zu. Eine begrifflich unmissverständliche und klare Bestimmung der Formen alternativen Wirtschaftens – einer ‚Gegenökonomie’ innerhalb der kapitalistischen Produktionsordnung – fällt schon deshalb schwer, weil diese Formen seit ihrer Entstehung selbst diverse Transformationsprozesse durchlaufen haben. Diese Tendenz ist durch das sogenannte Oppenheimersche Transformationsgesetz ausgedrückt, demzufolge alternative Betriebe im Kontext der Marktwirtschaft nicht in der Lage sind, ihre ursprünglichen Ziele über einen längeren Zeitraum aufrecht zu erhalten, sodass sie sich im Laufe der Zeit immer mehr den konkurrierenden Unternehmen angleichen.“ (Andreas Wegner)

Von Genossenschaften, selbstverwalteten Betrieben, interkulturellen Gärten bis zu Open Source und Freier Software gibt es auch in Europa eine große Bandbreite sogenannter alternativer Wirtschaftsformen.

Manche Beobachter sind der Meinung, dass gerade auch im Zuge der Finanz- bzw. Wirtschaftskrise im Spannungsfeld zwischen dem Wunsch nach selbstbestimmter Arbeit und solidarischer Ökonomie und fehlenden Berufsperspektiven der Bereich der selbstverwalteteten Ökonomie wachsen wird. Andere sehen diese tendenziell allerdings eher auf eine Armutsökonomie beschränkt, die exkludierte Bevölkerungsgruppen auffängt.

Die Veranstaltung an der Schnittstelle zwischen Kunst, Politik und Ökonomie befasste sich zum einen mit Produktivgenossenschaften und Alternativbetrieben in Europa und fragte nach deren Perspektive, zum anderen mit der Frage, was das Künstlerische an Le Grand Magasin ist.

Eine Veranstaltung der Heinrich Böll Stiftung Hessen in Kooperation mit dem Frankfurter Kunstverein