Ist das Leben nicht schön? Kapitel 1. Esra Ersen

05.04.2006 — 05.06.2006

„Ist das Leben nicht schön?“ ist der übergreifende Titel einer Gruppenausstellung, die in vier unabhängigen Kapiteln im Laufe des Jahres 2006 im Frankfurter Kunstverein präsentiert wird. Vorgestellt werden die Arbeiten der Künstler Esra Ersen (Türkei), Wilhelm Sasnal (Polen), Arturas Raila (Litauen) und Tommy Støckel (Dänemark), die in diesem Zusammenhang ihre erste umfangreiche Einzelpräsentation in Deutschland hatten. In den Medien Video, Malerei, Fotografie und Skulptur, beschäftigen sich diese Künstler auf unterschiedliche Art mit zeitgenössischen sozialen Fragen, wie z. B. mit der allgemeinen kulturellen Homogenisierung der Gesellschaft als Konsequenz von Globalisierungsprozessen. Im Laufe des Jahres 2006 wurden die vier Ausstellungen in der ersten Etage des Frankfurter Kunstvereins präsentiert, begleitet von einem umfangreich Programm an Fachdiskussionen, Künstlergesprächen, Workshops und Führungen.

Die erste Ausstellung in der Reihe „Ist das Leben nicht schön?“ zeigte einen Überblick der Arbeiten von Esra Ersen. Diese Ausstellung war eine Kooperation mit dem OK Zentrum für Gegenwartskunst, Linz und dem Kunsthaus Baselland, Muttenz, wo sie im Anschluss zu sehen war.

Esra Esen gehört einer jungen Generation international tätiger und sozial engagierter türkischer Künstlerinnen an. In der Ausstellung wurden acht Videoinstallationen der vergangenen sechs Jahre sowie weitere Text- und Fotoarbeiten Ersens erstmals gemeinsam in einer Überblickspräsention gezeigt. Die meisten ihrer Arbeiten sind zunächst ortspezifisch und Kontext bezogen entstanden. Seit mehr als zehn Jahre ist ihr die Kamera dabei ein wichtiger Begleiter im Rahmen verschiedenster Anlässe, mit denen sie sich intensiv auseinandersetzt und die sie in dokumentarischen Bildern nacherzählt. Im Kunstverein waren u. a. Arbeiten aus Schweden, der Türkei und Deutschland zu sehen.

In einer sehr offenen und direkten Weise, die zwischen Dokumentation und persönlichem Bericht angesiedelt ist, beziehen sich die Arbeiten von Ersen auf Begriffe von eigener und fremder Identität, sowie auf die Vorurteile und Erwart-ungen, die damit unweigerlich verknüpft sind. Ausgangspunkt ihrer Arbeit ist die Beobachtung der unterschwelligen und unbewussten Momente des kollektiven Bewusstseins einer Gesellschaft oder Gruppe. Sie interessiert sich für alltägliche kulturelle Bildsprachen, in denen sie eine Basis für gesellschaftliche Strukturen und Beziehungen verborgen sieht. In ihren Videoarbeiten weist Ersen eindringlich auf die politische Dimension dieses sozio-kulturellen Vokabulars hin.

Als Ergebnis eines Gastaufenthalts in Schweden zeigt die Arbeit „If You Could Speak Swedish…,“ zum Beispiel alltägliche Szenen eines Integrationsprogramms, das darum bemüht ist, neu angekommenen Einwanderern die schwedische Sprache beizubringen. Der Film zeigt die doppelte Erwartung, die damit verbunden ist: Die Schüler sollen nicht nur eine neue Sprache lernen, sondern gleichzeitig auch ein klares Verständnis der Kultur und des Wertsystems, in das sie eingereist sind, entwickeln. In Ihrem Film befragt Ersen die Schüler dazu, was sie gerne ausdrücken würden, wenn sie die Sprache richtig beherrschen würden.

Esra Ersen ist in 1970 in Ankara geboren und lebt in Istanbul und London. Sie studierte an der Mamara Universität in Istanbul Bildende Kunst und absolvierte ein postgraduate-Programm an der Kunstakademie in Nantes. Verschiedene Kunststipendien führten sie wiederholt nach Europa, ua. nach Schweden und Deutschland. Die Künstlerin har mit Beiträgen zuletzt im ZKM, Karlsruhe; Casino Luxembourg; Rooseum, Malmö; Galerie für Zeitgenössische Kunst, Leipzig; Manifesta, Frankfurt und 8. Biennale, Istanbul auf sich aufmerksam gemacht.

Am Samstag, dem 13. Mai hat der Frankfurter Kunstverein im Rahmen der Ausstellung zusammen mit der in Istanbul ansässigen Künstlergruppe Oda Projesi einen Workshop veranstaltet.

Das Design der Ausstellung wurde von dem Künstler Stefan Warschke, Student der HfG Offenbach, in Zusammenarbeit mit dem Frankfurter Kunstverein entwickelt.