Winter/Hörbelt: Die Große Illusion

28.09.2018 — 25.08.2019

Eröffnung: Freitag, 28. September 2018
zum Altstadtfest Frankfurt

Mit Die Große Illusion erschuf das Künstlerduo Wolfgang Winter und Berthold Hörbelt eine monumentale Skulptur, die als ortsspezifisches Werk für das Gebäude des Frankfurter Kunstvereins beauftragt wurde. Anlass war die Fertigstellung und Einweihung des Dom Römer Quartiers, das als neuer Stadtteil von 2010 bis 2018 erbaut wurde und eine historisierende Neuinterpretation der 35 Häuser war, die während der Bombenangriffe im Zweiten Weltkrieg zerstört wurden. Auf Einladung von Franziska Nori konzipierten Winter/Hörbelt eine Außenskulptur, die spielerisch in Dialog mit der neuen Umgebung trat.

Die Außenskulptur behauptete ihre Position auf dem Dach des Frankfurter Kunstvereins. Die Große Illusion überschaute das neue Areal für die Dauer von einem Jahr. Die in Frankfurt ansässigen Künstler Wolfgang Winter und Berthold Hörbelt sind bekannt für ihre im öffentlichen Raum realisierten Projekte, die mit Materialien und Methoden aus der Geschichte der Architektur und der Bildhauerei arbeiten, diese aber inhaltlich neu deuten.

Winter/Hörbelt entschieden sich für die Verwendung von Stahlblech als Werkstoff, weil dieser durch seine reflektierende Qualität die Umgebung verfremdet widergibt. Das Werk war neun Meter lang und zwei Tonnen schwer. In einem industriellen Prozess wurde der Stahlkörper der Skulptur durch Falzen und Überlagern so bearbeitet, sodass ein geometrisches Gitter entstand, eine Pixelung, die immer neue und fragmentierte Abbilder des Realen zurückwarf. Die Künstler nutzten dieses Material als Werkstoff, der eine wesentliche Rolle in der Geschichte industriellen Wachstums und der Moderne einnahm. Durch seine zylinderförmige Gestalt knüpfte die Skulptur eine Verbindung zur klar gegliederten Architektur des Gebäudes des Frankfurter Kunstvereins, das aus den 1950er Jahren stammt. Zusammen mit dem Steinernen Haus steht das Ensemble unter Denkmalschutz und ist nun der älteste Bau in der rekonstruierten Altstadt.

Die geometrische Form von Die Große Illusion suchte dezidiert einen Kontrast zum historisierenden Umfeld der Altstadt mit seinen verspielten und dekorativen Elementen. Die reflektierende Oberfläche versetzte die große Form in eine scheinbare Schwerelosigkeit, die die Umrisse der Skulptur auflöste und zur Umgebung hin öffnete. Im Kontrast zu den rekonstruierten Fassaden der Altstadt reagierte die Skulptur von Winter/Hörbelt mit der Auflösung von Formen und Oberflächen. Durch die Bewegungen der Passanten sowie den von Tages- und Jahreszeit abhängigen Lichteinfall, erschien die Skulptur in ständig neuen Ansichten. Sie spiegelte die Strassen und Dächer, aber auch den Himmel und die Wolken. Beim Einbiegen vom Marktplatz in Richtung Römerberg entfaltete sich für den Betrachter die wesentliche Perspektive auf die Skulptur, erschien ihnen aber als überraschende Bildbrechung und visuelle Störung im Gesamtbild. Anstatt eine gleichbleibende Gestalt zu bewahren, entstand die Skulptur in der Collage aller möglichen Perspektiven, die sich durch die Bewegungen der Passanten sowie den Lichteinfall immer wieder veränderten, diese aufgriffen und zu einer veränderten Wahrnehmung anregten. Die gespiegelte Realität verlor dabei ihren Wahrheitscharakter und zerlegte sich in verunsichernde Brechungen, die die Wahrnehmung zur Illusion werden ließen.

Die Skulptur mied bewusst konkrete Aussagen und Symbolik. Sie verhielt sich auch in der Form bewusst antiheroisch und brach somit mit der Tradition der Skulptur im Außenraum. Die Große Illusion umkreiste ironisch das Phänomen einer rekonstruierten Wirklichkeit.

Die Umsetzung sowie die Verlängerung des Projekts wurden durch zahlreiche Partnerschaften und Kooperationen mit Frankfurter Ämtern, Institutionen und Unternehmen erst möglich. Die Feierlichkeiten zur neuen Altstadt und die Eröffnung des neuen Eingangs im Gebäude des denkmalgeschützten Frankfurter Kunstvereins, machten das Projekt zu einem zentralen Event der Stadt in 2018. Die Bemessungen der Statik wurden vom Ingenieurbüro Bollinger & Grohmann ausgeführt, der Bauantrag wurde vom Architekturbüro Schneider & Schumacher verantwortet. Ermöglicht wurde das Kunstwerk dank der Unterstützung der DomRömer GmbH und der Stiftung der Frankfurter Sparkasse 1822. Das Planungsdezernat und die Bauaufsicht der Stadt Frankfurt haben wesentlich bei der Ermöglichung beigetragen.

Kuratorin: Franziska Nori

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