Trevor Paglen

Adversarially Evolved Hallucination: A Man (Corpus: The Humans), 2017
Adversarially Evolved Hallucination: Porn (Corpus: The Humans), 2017
Adversarially Evolved Hallucination: Vampire (Corpus: Monsters of Capitalism), 2017
Thermosublimationsdrucke auf Metall
jeweils 121,9 x 152,4 cm
Courtesy of the artist and Metro Pictures, New York

Behold these Glorious Times!, 2017
Video-Projektion, 10 min
Courtesy of the artist and Metro Pictures, New York

Paglen untersucht die politische Dimension von Systemen Künstlicher Intelligenz. KI wird von Menschen mit unzähligen Daten trainiert, den sogenannten Training Sets. Anhand von klassifizierten Datenmassen lernt ein KI-System Ähnlichkeiten und Differenzen zu erkennen und so Muster herzustellen, um Objekte und Begriffe zuzuordnen. Die Daten für die Training Sets werden von Menschen zusammengestellt. Die getätigte Vorauswahl transportiert aber kulturell bedingte Prägungen. Diese beeinflussen implizit die Ausrichtung von Algorithmen und bestimmen deren operativen Fähigkeiten und Rechenergebnisse. Somit entsteht eine gesellschaftsrelevante Frage über die möglichen Verzerrungsfaktoren, die sogenannten bias, die der Technologie zugrunde liegen. Diese Faktoren verschwinden in der Anwendung und entziehen sich dem öffentlichen kritischen Urteil gänzlich.

Trevor Paglens gesamte künstlerische Arbeit ist geprägt von einem kritischen Ansatz, nicht durchschaubare Tatsachen von digitalen Technologien in die Sichtbarkeit zu bringen.

In der Ausstellung zeigte Paglen drei Werke aus der Serie Adversarially Evolved Hallucination. In Kooperation mit der Stanford University programmierte Paglen eine Software, für die er eigens Taxonomien entwickelte, also Methoden zur Bildung von Klassen unter Aspekten der Ähnlichkeitsbeziehung. Die Kategorien stammten aus den Bereichen Poesie und Literatur, Psychoanalyse und Wirtschaft. Paglen konzipierte zwei miteinander gekoppelte KI-Systeme. Dem einen lag ein bilderkennender und dem anderen ein bildgenerierender Algorithmus zugrunde. Bei der Eingabe eines Begriffs in das System generierte die gekoppelte Doppel-KI Bilder, die die Maschinen in den jeweiligen Begriffs-Clustern ’sehen‘ konnten, so zum Beispiel das Werk Vampire (Corpus: Monster of Capitalism), bei dem monströse Figuren entstanden, die für das menschliche Auge fast metaphorisch wirken.

Als zweite Position präsentierte Paglen die Videoinstallation Behold these Glorious Times!. Sie veranschaulichte, wie maschinelles Sehen in Deep Neural Networks (neuronalen Netzwerken) ausgebildet wird und wie Bilder wahrgenommen und gedeutet werden. Die Videoarbeit beleuchtete zum Beispiel Funktionen, die dem Training von Gesichtserkennung, die Erkennung von Objekten oder Bewegungsabläufen dienen. Emotionen, Gesten und Gesichtszüge wurden untersucht und untereinander in Bezug gesetzt. Dafür wurden Bildinhalte bis auf die Ebene einzelner Pixel zerlegt und daraus Merkmale extrahiert. Das neuronale Netz fügte die Einzelteile wieder zusammen und versuchte daraus Bedeutung zu erzeugen. Um der Arbeit eine akustische Ebene zu geben lud Paglen die Künstlerin für elektronische Musik Holly Herndon ein, den Soundtrack der Arbeit zu komponieren. Sie kombinierte Stimmproben aus zahlreichen digitalen Archiven, die dazu dienen, lernende Systeme darauf zu trainieren, menschliche Sprache zu erkennen.

Der in New York lebende Künstler Trevor Paglen (*1974) ist einer der wichtigsten Vertreter des Landschaftsbildes im Zeitalter von Big Data. Er studierte Geografie, Kunst und Religionswissenschaften und war in zahlreichen international renommierten Ausstellungen vertreten.

2015 zeigte der Frankfurter Kunstverein die Ausstellung „The Octopus“, für die Paglen mit dem Deutsche Börse Photography Foundation Prize 2016 ausgezeichnet wurde.