Anita Esfandiari

Gave to the cypress a rosy shade of the redbud; and to the tulip gave the stature of a bambuseae, 2023
Mischtechnik
⌀ 150 x 300 cm
Courtesy die Künstlerin

Ausgebildet als Malerin in Teheran, Iran, hat Anita Esfandiari während ihres Studiums an der Hochschule für Bildende Künste – Städelschule mit Skulptur, Zeichnung und Installation gearbeitet. Der formale Ausgangspunkt ihrer gesamten künstlerischen Produktion ist immer wieder der Brunnen: als Zeichnung, Keramik- oder Stoffskulptur, als Installation mit Sound. Brunnen sind typische Elemente der Architektur in Iran. Sie sind Teil privater und öffentlicher Räume, dienen als Erholungsort sowie als Treffpunkt in großen Städten. Sie symbolisieren Fülle in einer von Dürre gezeichneten Region. Ehemals von großer Bedeutung, werden Brunnen heute zum Symbol der Verlassenheit. Sie werden seit Jahren nicht mehr gebaut, sind aber in traditionellen Häusern zu finden. In öffentlichen Räumen verlieren sie ihre Funktion als Treffpunkt und werden zu U-Bahn-Stationen oder Denkmalen umfunktioniert.

In ihrem neuen Werk für den Frankfurter Kunstverein schafft die Künstlerin eine kinetische skulpturale Malerei, deren Form aus der eines Brunnens abgeleitet ist. 12 Leinwandbahnen von 3 m Höhe hängen zirkulär von der Decke und bilden einen leicht offenen Zylinder, der sich dreht. Die Besucher:innen können die fragmentierten Bildoberflächen von außen betrachten und durch die Schlitze nur vorbeiziehende Ausschnitte erfassen. Der Zylinder erinnert an das Praxinoskop des frühen Kinos, das eine Geschichte in vielen Einzelbildern durch deren zirkuläre Bewegung erzählen. Die Bilder können auf zwei miteinander verknüpften Ebenen gelesen werden: als Zitate aus der persischen Literatur und der Miniaturmalerei sowie als singuläre, symbolische Medienbilder, die ständig im Umlauf sind, aber kein vollständiges Bild der gegenwärtigen Zeit und der politischen Situation im Iran vermitteln.

Anita Esfandiari schafft ein Bildpanorama, das symbolische Elemente aus dem klassischen Epos und der Gegenwart miteinander verwebt. Im Vordergrund sind ornamentale Brunnen, geometrische Gebäude und Straßen zu sehen. Eine Frau, die Protagonistin, trägt ein Lamm auf ihren Schultern. Immer wieder läuft sie eine unendliche Treppe hoch. Es handelt sich um eine Erzählung aus dem persischen Epos Haft Peykar, eine berühmte literarische Referenz in Iran, die vom Leben des Königs Bahram Gur und seinen sieben Prinzessinnen handelt. Am Anfang der Geschichte steht das Schicksal von Feṭna, der Liebhaberin von Bahram Gur, die zum Tod verurteilt wird, weil sie den überheblichen und selbsternannten Jagdvirtuosen König Bahram Gur herausgefordert hat. Dank ihrer Klugheit überlebt sie das Todesurteil und widmet ihr Leben dem Ziel, am König Rache zu üben. Sie wird somit zum weiblichen Symbol der Resilienz.

Anita Esfandiari (*1985 in Teheran, IR) absolvierte 2022 ihr Studium an der Hochschule für Bildende Künste – Städelschule in Frankfurt am Main (DE) bei Prof. Judith Hopf. Zuvor studierte sie Malerei, Kunst und Architektur an der Islamic Azad University in Teheran (IR). Ihre Schwerpunkte liegen in der Bildhauerei, Malerei und Videoarbeit. 2022 verbrachte sie einen Auslandsaufenthalt in Hendaye (FR). Unter anderem stellte Anita Esfandiari ihre Arbeit in folgenden Institutionen aus: Medium P, Frankfurt am Main (DE), Opelvillen, Rüsselsheim (DE), Abi Gallery, Teheran (IR), Delgosha Art Gallery, Teheran (IR), Columbus Museum of Art, Ohio (US).