Benedikt Ackermann

Filtered time series (Frankfurt), 2023
Installation
23 Bildschirme, 23 Mediaplayer, Switche, Netzteile, Netzwerkkabel, Videokabel, Stromkabel, Adapter, Velcro

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, 2023
Bildschirmcluster

Annual Plots (Frankfurt), 2023
12 Inkjetdrucke auf Papier

Courtesy der Künstler

Benedikt Ackermann arbeitet konzeptionell und hinterfragt die Bedeutung von Bildern im digitalen Zeitalter. Ihn interessiert die unsichtbar stattfindende Machtverschiebung, die mit der Weiterentwicklung digitaler Technologien einhergeht.

Für die Ausstellung im Frankfurter Kunstverein hat Ackermann eine komplexe Rauminstallation mit über 20 Monitoren und einer Serie von Prints entwickelt, die auf das Bildmaterial einer auf einem Frankfurter Hochhaus montierten Kamera zurückgreift. Im Süden der Stadt installiert, erfasst sie die Skyline und ihre Umgebung. Die Daten sind online abrufbar und werden dort archiviert. Für die Jahre 2021 bis 2022 hat Ackermann die Bilder, die die Kamera alle 5-10 Minuten macht, heruntergeladen. Insgesamt mehr als 100.000.

Er fügt sie zu einer Zeitrafferaufnahme zusammen, die er wiederum so beschneidet, dass oft nur noch sehr verpixelte Videos übrig bleiben. Einige dieser Videos, solche, die einzelne Fenster zeigen, nutzt er als Grundlage für eine Serie von Inkjet-Prints, Bilder zwischen digitalem Kontaktabzug und Diagramm. Wo genau die Fenster sind, lässt er bewusst anonym. Er sortiert alle Frames eines Jahres in ein Koordinatensystem aus Tag und Uhrzeit und macht so Tagesabläufe von Menschen sichtbar, die hinter den jeweiligen Fenstern wohnen und arbeiten. Handschriftlich notiert er an den Rändern Beobachtungen: wann Menschen aufstehen oder wann sie im Urlaub sind, wann sie anfangen zu arbeiten und wann sie damit wieder aufhören. Auf bestechend nachvollziehbare Art deutet Ackermann die Bilder zu Daten und die Kamera zu einem Messinstrument um.

Darüber hinaus haben seine Bilder eine malerische Qualität. Denn die scheinbare Rationalität des Materials verliert seine Konturen und wird zu fließenden, angedeuteten Formen, hinter denen wir das Werden und Vergehen menschlicher Existenzen erkennen, wie auch die unendliche Zirkularität des Alltags. Die Zeitlichkeit aller Dinge, die das Individuum als austauschbaren Teil hinter der Maschinerie der Stadt zurücktreten lässt. Wiederkehrende Abfolgen von Tag und Nacht, von Sommer und Winter, gespiegelt in den gläsernen Türmen der Finanzwelt, hinter denen Licht und Schatten die Geschichten von Menschen erahnen lassen.

Ackermann untersucht die Bilder nicht als einzelne Werke, geschaffen durch einen individuellen Autor, sondern als Daten, als Aufzeichnung. Denn die heutige Produktion an Bildinformationen entsteht als Bits, als zwischen Computern ausgetauschte Information, die oft gar nicht mehr für menschliche Betrachter:innen konzipiert wurde. Allein die Millionen an Überwachungskameras, deren Bilder zunehmend automatisiert, beispielsweise durch Gesichtserkennungssoftware, ausgewertet werden. Doch auch die Zahl von menschengemachten Bildern ist rasant angewachsen. Digitale Dateien, Bilder, Videos, Sound werden ständig produziert und ausgetauscht, kopiert, reproduziert. Ob von der Industrie, dem Finanzsektor oder von privaten Nutzern. Der globale Datendurchsatz wächst beständig. Wir haben Rechenzentren zu Zentren gesellschaftlicher Macht gemacht, ohne dass wir Fragen danach gestellt haben, wem die Daten gehören, wer sie auswertet und nutzt. Mit dem Computer sind wir zu einer Gesellschaft der Datensammler geworden und die Sensoren unserer Kameras sammeln dabei fleißig mit.

Benedikt Ackermann (*1994 in Frankfurt am Main, DE) arbeitet vorwiegend mit Fotografie, Video und digitalen Medien. Seit 2019 studiert er an der Hochschule für Bildende Künste – Städelschule in Frankfurt am Main (DE) bei Prof. Gerard Byrne und Prof. Haegue Yang. Zuvor studierte er Philosophie an der Goethe-Universität Frankfurt am Main (DE). Unter anderem hat Benedikt Ackermann im Museum Angewandte Kunst, Frankfurt am Main (DE) und am Goethe Institut, Dublin (IE) ausgestellt.