Die drei Türen: Eine Einführung von Forensic Architecture/Forensis
In dieser Ausstellung geht es um drei Untersuchungen zu drei verschiedenen Türen im Zusammenhang mit rassistischen Gewaltereignissen in Deutschland. Türen sind physische Objekte, aber sie stellen auch soziale Verträge dar und bestimmen, was privat und was öffentlich ist, was staatlich und was zivil.
Der Zustand dieser drei Türen – ob sie offen oder geschlossen waren, verriegelt oder entriegelt – verdeutlicht die problematische Beziehung zwischen rassistischen Täter*innen und staatlichen Behörden.
Die erste Tür ist der Notausgang der Arena Bar in Kesselstadt, jenem Stadtteil von Hanau, in dem sechs der neun Opfer des rassistischen Terroranschlags vom 19. Februar 2020 ermordet wurden. Unsere Analyse zeigt, dass zwei dieser Opfer lebend durch den Notausgang der Bar hätten entkommen können – Überlebende geben hingegen an, dass sie dies gar nicht erst versucht hätten, weil sie wussten, dass dieser routinemäßig verschlossen war.
Die zweite Tür ist die Haustür des Täters, ebenfalls in Hanau-Kesselstadt, die nicht von der Polizei gesichert oder überwacht wurde. Der bewaffnete und gefährliche Täter hätte also wieder durch sie hinausgehen und weiter morden können.
Diese beiden Türen – verschlossen, als sie hätten offen sein müssen – stehen für die exzessive Kontrolle und den mangelnden Schutz, denen rassifizierte Communities in Deutschland durch die Behörden ausgesetzt sind. Sie stehen auch für das fortdauernde systemische Versagen des Staates und seiner Nachlässigkeit gegenüber rassistisch motivierten Gewalttäter*innen.
Die dritte Tür in dieser Ausstellung ist die der Polizeizelle in Dessau, in der Oury Jalloh, ein Asylsuchender aus Sierra Leone, am 7. Januar 2005 verbrannte. In Zusammenarbeit mit der Initiative in Gedenken an Oury Jalloh haben wir Rauchspuren an der Zellentür analysiert, die darauf hindeuten, dass Oury Jalloh sehr wahrscheinlich von den Polizeibeamt*innen, die ihn in Gewahrsam hielten, ermordet wurde.
Die Ereignisse in Hanau und Dessau sind eruptive Momente rassistischer Gewalt vor dem Hintergrund langfristiger sozialer Verhältnisse. Die Folgen dieser Morde werden über Generationen hinweg nachhallen, und das Streben nach Rechenschaft wird noch viele Jahre andauern.
Eingeleitet wird die Ausstellung von der Initiative 19. Februar Hanau. Ihre Videoinstallationen erzählen von den Auswirkungen der Morde auf das Leben derjenigen, die den Opfern am nächsten standen, und von ihrem Kampf um Erinnerung, Gerechtigkeit, Aufklärung und Konsequenzen.
Forensic Architecture, London & Forensis, Berlin