Laborküche

Feuerstein nutzte die aus der Manna-Maschine III geernteten einzelligen Chlorella-Algen als Malmaterial. In den monochromatischen Bildern der Serie Ernte überlagern sich dementsprechend Kunst- und Naturgeschichte.

Frau D. und „Herr P. gehören zu dem Werktypus der ‚prozessualen Skulpturen‘, die der Aufbereitung des aus Algen gewonnenen Dopamins sowie der Extraktion des Psilocins aus Pilzen dienen, das traditionell als Visionsdroge genutzt wurde. Beide Skulpturen waren entsprechend dem Kugelmodell des jeweiligen Moleküls gestaltet. Die Kühlschränke dienten einerseits der Temperierung des Kühlwassers, andererseits stellten sie die Sockel für die Bioreaktoren bereit. Aus der Synthese von Dopamin und Psilocin resultierte
das Molekül Psilamin, dessen Struktur in der Arbeit Baby Psi modellhaft mit gläsernen Laborkolben dargestellt war.

Immer wieder trifft man in Feuersteins Werk auf Verbindungen zwischen Natur und Kultur, belebter und unbelebter Materie, Lebewesen und Objekt, Mensch und Maschine. Diese Gegenüberstellungen, welche die Moderne geprägt haben, werden in seinem Werk neu verhandelt. Dabei spielt Feuerstein mit dem Begriff des Animismus, durch welchen den Dingen Handlungsmacht zugeschrieben, und das klassische Konzept der Autorenschaft in Frage gestellt wird.

Das Objekt Psiloprosa und die Kohlezeichnung Arché griffen das Motiv
der Schreibmaschine auf. Während aus dem Typenrad von Psiloprosa das Molekül Psilamin in kristalliner Form wuchs, beinhaltete die Tastatur von Arché anstatt des lateinischen Alphabets die 118 bekannten chemischen Elemente. Feuerstein spielte damit auf die (noch) utopische Möglichkeit an, in Weiterentwicklung des 3D-Druckers jegliche Art von Materie neu zu ‚schreiben‘. Kalte Rinde nahm Bezug auf den Philosophen Arthur Schopenhauer und die in dessen Buch Die Welt als Wille und Vorstellung (1844) postulierte Idee von der Welt als einer mit „erstarrter, kalter Rinde“ überzogenen Kugel, „auf der ein Schimmelüberzug lebende und erkennende Wesen erzeugt hat“.

Onkel Bib zeigte das Michelin-Männchen Bibendum, die Werbefigur des französischen Reifenherstellers Michelin, als Silikonbüste, die von einem Laborschüttler durchgerüttelt wurde. Feuerstein griff mit diesem Material die gelatineartige Konsistenz des Schleims auf, der sogenannte rheopexe Eigenschaften besitzt und nur unter Zuführung mechanischer Energie seine Form bewahrt.

Die Lithografien der Serie Psipsy. Daimon Cult bildeten gemeinsam mit dem im Kinoraum als Hörstück vertonten Text Sternenrotz den narrativen Faden der Ausstellung. Es waren assoziative Bilder aus wuchernden Formgeflechten, symbolhaften Maschinen und Science-Fiction-Wesen, Begriffen, Formeln und Textpassagen, die Feuersteins vielseitiges Denken synthetisierten. Das Grundmotiv, das die Zeichnungen vereinte, war die Konfrontation von Maschinen und biologischen Organismen.