Paul Haas

Die Schwarze Masse, 2025

Video, Farbe, Stereo, 4K

12 min

Der Prophet: Morten Rose

Mit: Khashayar Zandyavari, Sara Elizabeth Egede Andersson, Thorbjørn Pihl, Loqman Ahmed, Oliver Engelmand, Sidsel Buch

Kamera: John Hussain Flindt

Ton: Khashayar Zandyavari

Assistenz: Line Lyhne

Farbkorrektur: Botond Nagy

Tonmischung: Leon Goltermann

Courtesy der Künstler

 

Paul Haas (*1992, Eilenburg, DE) hat an der Hochschule für Bildende Künste–Städelschule absolviert. Er arbeitet vor allem mit Film, aber auch Fotografie und Installation. Das thematische Herz seiner Kunst bildet die kritische Auseinandersetzung mit Herkunft und politischer Identitätsbildung. Ein besonderer Fokus lag in seiner vergangenen Arbeit dabei auf dem Leben in ländlichen Gegenden Deutschlands. Dafür griff er auf autobiographische Erfahrungen aus seiner Jugend in Nordsachsen zurück.

Haas‘ Filme bearbeiten die ideologisch geladene Bildsprache jüngerer deutscher Geschichte. Sie bewegen sich entlang deren Bruchstellen und gefährlichen Kontinuitätslinien, zeigen mögliche Verknüpfungen zwischen Vergangenheit und Gegenwart auf. Haas‘ Referenzen sind der DDR-Film, aber auch eine kritische Auseinandersetzung mit völkisch aufgeladenen Naturelementen wie dem Adler oder dem Hirsch und kriegerische Männlichkeitsideale. Darin interessiert Haas, was davon bis in die Gegenwart hineinwirkt.

Für And This is Us 2025 hat Haas einen Film entwickelt, der während seiner aktuellen Residency in Kopenhagen entstanden ist. Sein Film eröffnet mit einer Nahaufnahme, die in eine lange Kamerafahrt übergeht und den Schauplatz des Geschehens offenbart. An einem sonnigen Tag steht ein Mann mit tragbarem Lautsprechersystem und Mikrophon auf einem öffentlichen Platz. Die Figur beginnt eine Rede, die er ungeachtet von flanierenden Menschen auf dem Kongens Nytorv, einem zentralen und belebten Ort der dänischen Hauptstadt, deklamiert. Die Wort- und Tonwahl seiner pathosgeladenen Rede lassen an die Weise eines Propheten denken. Er warnt, dass er aus der Zukunft käme, dass diese düster sei und beschwört Kriegsbilder von Zerstörung und Tod, einem Krieg, der vergangen geglaubt sei, doch wiederkomme.

Dazwischen schneidet Haas kleine Momentaufnahmen zwischenmenschlicher Gespräche. Zentral jedoch ist die Rede des Propheten. Sein Äußeres ist unauffällig, doch hebt er sich von den Passant:innen ab, die unbeschwert an ihm vorbeilaufen, ohne von ihm Notiz zu nehmen. Der Prophet, gespielt vom dänischen Schauspieler Morten Rose, bleibt eine ambivalente Figur. Die Rede steht immer auf der Kippe zwischen Anti Kriegs Parolen und Mobilmachung, als wäre sie eine Botschaft der verhängnisvollen Wiederholung der Vergangenheit in der Zukunft.

Haas filmt den Protagonisten mit einem Teleobjektiv aus großer Distanz, wie er inmitten der Weite des Platzes unbeachtet und ungehört bleibt. Haas wählt diese stilistische Setzung, die er aus der Wildlife-Dokumentation übernimmt, um mit der Beobachtung die Handlung aus der Ferne zu beschreiben.

In Haas Arbeiten – und so auch hier – herrscht meist eine diffuse Atmosphäre ständiger Spannung. Paul Haas erzielt diese Ambivalenz durch die Verschmelzung von dokumentarischen und fiktionalen Elementen. So setzt er gezielt professionelle Darsteller:innen zusammen mit Laien ein, die zwischen Improvisation und gescripteter Rede wechseln.

 

Paul Haas (*1992, Eilenburg, DE) studierte Bildende Kunst in der Klasse von Prof. Gerard Byrne an der Hochschule für Bildende Künste – Städelschule in Frankfurt am Main (DE) und schloss sein Studium dort 2024 als Meisterschüler ab. Zuvor studierte er Medienkunst an der Bauhaus-Universität Weimar (DE). In seinen Film- und Videoarbeiten nutzt Haas sowohl Techniken des Dokumentarischen als auch des Fiktionalen.

Seine Arbeiten wurden in Gruppenausstellungen im Museum of Odesa Modern Art, Odessa (UA), im ACUD, Berlin (DE), und im Goethe-Institut Dublin (IE) gezeigt. Einzelausstellungen hatte er 2020 im Nassauischen Kunstverein Wiesbaden (DE), 2023 in der Ausstellungshalle 1A, Frankfurt am Main (DE) und 2024 im 1822-Forum der Frankfurter Sparkasse, Frankfurt am Main (DE). Er gewann 2023 den Rundgang-Filmpreis der Städelschule und ist 2025 Artist in Residence beim Art Hub in Kopenhagen (DK). Seit 2025 ist er Teil des HAP-Studioprogramms der basis e.V. in Frankfurt am Main (DE).