Ramon Keimig

Bent cold sidewalk, 2022/2023

Installation
Siebdruck auf Leinwand (70 x 70 cm), Digitaldruck auf Netz (432 x 332 cm, 357 x 457 cm, 427 x 352 cm), Digitaldruck auf Papier, Kassettenhüllen (10,16 × 6,35 × 1,27 cm), LP-Hüllen (315 x 312 cm), gewebte Decke (185 x 150cm), Brechstange, Mercedes-Stern, Metallaschenbecher, Aufkleber, bemalter Nachttisch, Matratze, Stoff mit Beton (90cm x 200cm)
Courtesy der Künstler

Ramon Keimigs Arbeit hat ihre Wurzeln in der Druckgrafik und der Zeichnung. Seine Materialien sind Tusche und Bleistift auf Papier, die er mit digital erstellten Entwürfen kombiniert. Mit der Hand gezeichnete Elemente bearbeitet er mit digitalen Bild- und Zeichenprogrammen oder vervielfältigt sie am Fotokopierer, Laserdrucker und Scanner, um die technische Brüchigkeit zu thematisieren und zufällig entstehende Störungen als neue Elemente in die Kompositionen aufzunehmen.

Seine Bildmotive stammen sowohl aus Referenzen der Subkultur und Psychedelik Bewegung der 1970er Jahre, als auch aus seinem persönlichen Umfeld. So verwendet Keimig die privaten Bildarchive seines früh verstorbenen Vaters. Dieses umfasst wenige Portraits des Vaters als junger Mann, der auf der Suche nach seiner Identität, in den Strudel der bewegten 1970er Jahre geriet sowie dessen fotografische Impressionen, die seinen empfindsamen Blick auf Welt erkennen lassen. Einzelne Elemente aus diesem Archiv löst der Künstler aus dem Kontext, um sich auf die Reise in eine Zeit zu begeben, die geprägt war von einer starken Gegenkultur, Konsumkritik, Bestrebungen nach Individualismus und einer starken musikalischen Subkultur.

Seine Motive sind geprägt von Referenzen aus der Fotokopie Ästhetik der 1970er und 1980er Jahre. Sie sind ein Tribut an die Tape-Kultur, Underground Comics und Konzertflyer. Hier ist ein sichtbarer Berührungspunkt seines zweiten künstlerischen Arbeitsbereichs: er arbeitet mit experimentellen Musiker:innen aus Psychedelic- und Krautrock und ist Teil einer Underground Konzertszene.

Sowohl für seine musikalische als auch für die bildschaffende Arbeit, hat Ramon Keimig die geschichtlichen Referenzen akkurat untersucht und zieht Parallelen zu sich und seiner Generation. Auf dieser Grundlage schafft er neue und eigene Bildwelten, die er aus eigenen Arbeiten sampelt und neu kombiniert. Am Bildschirm zeichnet und collagiert er gefundenes Bildmaterial mit eigenen Zeichnungen und schafft daraus Entwürfe, die er auf jedes der Elemente seiner Rauminstallation überträgt: ein stilisiertes Bett, eine Decke, verstreute Zeichnungen, Kassettencover, Plattenhüllen und die Wände und Decke des imaginären Raums.

Seine Arbeit ist rigoros in schwarz-weiß gehalten. Für die Ausstellung im Frankfurter Kunstverein ist ein Raum entstanden, ein Ort des Rückzugs – ein intimes Lager – in innere Welten, für den Schlaf, das Sich-Niederlegen und Erleben von bewusstseinserweiternden Praktiken und eine Flucht in künstliche Paradiese.

Den Raum hat Keimig nur mit den essenziellen Elementen konzipiert. Dadurch ist er zur Skulptur geworden, im monochromen grau, abstrakt und stellvertretend für eine universelle Erfahrung. Diese ist gesetzt in einem angedeuteten Raum. Er besteht aus drei Flächen, die versetzt zueinander in einer imaginäre Flugkraft auseinanderdriften. Diese Flächen sind durchlässige Träger seiner Zeichnungen, die er aus dem intimen Format seiner Zeichenblöcke auf riesige Bildflächen übertragen hat, und die wie Schatten aus einer Traumwelt über dem Lager überdimensionierte Geister und Erzählungen schweben lässt. Die Zeichnungen verweben die Bilder aus unterschiedlichen Epochen, aus der Vergangenheit des Vaters, mit den Referenzen der Subkultur von Gestern und Heute und schaffen einen Kreislauf zwischen den Generationen, den Zeiten, den Fragen, die sich die Menschen schon immer gestellt haben.

Ramon Keimig (*1994 in Aschaffenburg, DE) studiert seit 2019 Zeichnung und Druckgraphik an der Hochschule für Gestaltung Offenbach bei Prof. Mike Bouchet und Prof. Heiner Blum. Zuvor studierte er Kommunikationsdesign an der Fachhochschule Würzburg-Schweinfurt. Zu seiner Praxis zählt die Publikation zahlreicher Kunstbücher zum Beispiel bei Ultimo Mono Press, Sevilla (ES) und Nieves, Zürich (CH). Sein Werk wurde auf zahlreichen Buchmessen präsentiert wie COZI Festival for Contemporary Comics & Zines, Frankfurt am Main (DE), Druckfestival Hot Printing im Klingspormuseum, Offenbach am Main (DE), NY Art Book Fair, New York City (US), Taipei Art Book Fair, Taipeh (TW). Unter anderem präsentierte Ramon Keimig seine Arbeiten im Feinkunst Krüger, Hamburg (DE) und im Frankfurter Kunstverein, Frankfurt am Main (DE) als Teil des Ausstellungsprojektes Frankfurter Kunst Vertrieb des Kollektives Magma Maria.