Rashiyah Elanga
Another dream under the Troposphere, 2023
Film und digitale Fotocollagen, 18 min
Darsteller:innen: Elie Autins, Lalla Nomoko, Rashiyah Elanga
Musik Kamal Jahi
Projekt-Management Emma Bombail
Drehbuch, Regie und Schnitt Rashiyah Elanga
Kamera Jing Lin, Rashiyah Elanga
Make-up Simon Mine
Mit Dank an Kabena Kasangati, Jackson Bukasa, Jean Patrice Keka, Valentin Noujaim, Camille Claire
Courtesy die Künstlerin
Rashiyah Elanga ist Filmemacherin und Installationskünstlerin. Ihre Arbeit ist geprägt von einer Ästhetik digitalen Collagierens und performativen Storytellings. Für den Frankfurter Kunstverein hat sie die Videoinstallation Another dream under the Troposphere entwickelt. Sie beschreibt eine Reise in das Unbekannte, auf der Suche nach Identität, eine imaginäre Reise ins All und setzt dies in Bezug zu Geschehnissen im Kongo, dem Land, aus dem die Eltern Elangas kommen, ein Land, das sie noch nie besucht hat und es in ihren Filmen imaginiert. Elanga ist eine der zahlreichen Stimmen, die sich in der aktuellen Debatte um kulturelle Zugehörigkeit im post-kolonialen Zeitalter und der Auflösung starrer Grenzen der Identität auseinandersetzen.
Rashiyah Elanga verortet den Ausgangspunkt ihrer Fiktion in der Hauptstadt des Kongo. Eine weibliche Stimme aus dem Off beschreibt, wie die Astronautin Elie in einem Raumschiff vom La Place du 30 Juin startet, dem zentralen Platz in Kinshasa, sich in Richtung des Mondes Europa bewegt. Dort angekommen versucht Elie voller Hoffnung und Faszination Leben zu pflanzen. Ihre Erkundung wird unterbrochen von dem Ankommen zweier weiterer Astronautinnen, die sie überzeugen wollen, zurück auf den Planeten Erde zu kommen. Ihnen ist bewusst, dass die Utopie ein neues Leben im All zu starten, nicht die Lösung für ein besseres Leben ihrer Gemeinschaft sein kann.
Doch Elie hat sich in Pando verliebt, ursprüngliche Bewohner:in des Mondes, die ihre Gefühle nicht erwidert. Die Liebesgeschichte endet tragisch, es bleibt Sprachlosigkeit und Fremdheit. Elie überwindet den Schmerz der Enttäuschung, indem sie sich selbst wiederentdeckt.
Das Ziel der Reise ist nicht zufällig gewählt. Europa ist ein real existierender Mond des Planeten Jupiter. Weil die Oberfläche des Mondes vereist ist, lässt das Vorkommen von Salzwasser unter der Eishülle die Wissenschaft schon seit mehreren Jahren vermuten, dass Europa ein Ort für Leben im Sonnensystem sein könnte. Mit einem postkolonialen Blick erzählt Another dream under the Troposphere eine metaphorische umgekehrte Kolonialisierung von Europa, hier als Kontinent gemeint; ein Verweis auf die Kolonialgeschichte Kongos, die auch durch die Wahl der Kostüme der Protagonist:innen angedeutet wird, mit weißen Röcken und Gewändern, Korsetten und Halskrausen im Stil der Gelehrten und Wissenschaftler aus dem 16. Jahrhundert in Europa. Perücken und Make-Up im Pop Stil mit glitzernden Sci-Fi Akzenten, die an David Bowie als Ziggy Stardust erinnern, vervollständigen den Look und führen die Erzählung ins Futuristische.
Another dream under the Troposhere ist eine Videoarbeit mit Elementen der Fantasy, des magischen Realismus, der Science Fiction und auch der kongolesischen Bantu Kosmologie. Die Szenen entstehen ausschließlich im Studio und werden vor einem grünen Hintergrund gefilmt. Bildmaterial aus dem Internet und gefilmte Szenen collagiert Elanga während der Postproduktion als Mischung von Digitalem und Analogem. Es entsteht eine Erzählung, deren einfache Low-Tech-Ästhetik an den Pionier des frühen Kinos George Méliès (*1861 † 1938 in Paris, FR) in Filmen wie Le Voyage dans la Lune (Die Reise zum Mond), 1902, erinnern. Der Aspekt der handwerklichen Fertigung wird zum gestalterischen Moment ihrer Arbeit. Wesentliches Merkmal Elangas visueller Sprache ist die sichtbare, analoge Animation von selbst-gebauten Objekten vor Green-Screen. Die Künstlerin animiert Objekte mit ihren Händen, die sichtbar bleiben und nicht weg retuschiert werden. Sie verzichtet auf hoch technisierte Nachbearbeitungsmethoden, um eine Do-It-Yourself-Ästhetik zu zelebrieren, die in zahlreichen Internet Subkulturen ein etabliertes stilistisches Merkmal sind.
Rashiyah Elanga nimmt postkoloniale und spekulative Narrative des Afrofuturismus auf und verbindet diese mit dem kongolesischen Astro-Programm Keka Aerospace. Aus privater Initiative und Crowdfunding Mitteln finanziert, hat die private kongolesische Firma eine Serie an Raketen entwickelt, die für eine Reise in die Troposphäre entwickelt wurden. Another dream under the Troposphere ist nicht nur Elangas Vision einer Odyssee im Weltraum, sondern zugleich eine Heldenreise, die Geschichte eines Kampfes um neue Wege des Daseins und der Suche nach Identität. Dieses Abenteuer beschreibt die Reise zur Selbstliebe, von der Exploration hin zur Introspektion auf der Suche nach uns selbst.
Rashiyah Elanga (*1997 in FR) absolvierte 2022 ihr Studium an der Hochschule für Bildende Künste – Städelschule in Frankfurt am Main (DE) bei Prof. Gerard Byrne und zuvor 2019 an der National Fine Art School of Lyon (FR). Sie arbeitet überwiegend mit Video, Skulptur und Performance. Unter anderem hat Rashiyah Elanga in folgenden Institutionen ausgestellt: Macro Museo, Rom (DE), 4redeyes, Zürich (CH), Centre d’art Arsenic, Lausanne (CH), Cherishh, Geneva (CH), Palmengarten, Frankfurt am Main (DE), Mountain Gallery, Berlin (DE). 2022 gewann sie den Rundgang-Preis der Hochschule für Bildende Künste – Städelschule.