Abguss der Fußabdrücke von Laetoli aus der Sammlung des Naturhistorischen Museums Wien

Abguss der Fußabdrücke von Laetoli
Fund aus dem Jahr 1978; Fundort: Tansania
PLA, 3D-Druck mit Filament auf Basis eines 3D-Scans
40 x 360 x 4,5 cm
Produziert vom Frankfurter Kunstverein für die Ausstellung Das Anwesende des Abwesenden: 3D-Scans ermöglicht durch das 3D-Labor des Naturhistorischen Museums Wien, Ausführung des 3D-Drucks durch studio gilgen und manuelle Präparation durch das Senckenberg Museum für Naturkunde
Courtesy Naturhistorisches Museum Wien

Vor 3.6 Millionen Jahren durchquerten Australopithecus afarensis, zwei Erwachsene und ein Kind, die afrikanische Savanne in der Nähe der Olduvai Schlucht im Norden Tansanias. Die Spuren dieser frühen Vorfahren des Menschen sind die ersten Abdrücke von Individuen, die aufrecht in der Unendlichkeit prähistorischer Landschaften nebeneinander hergingen.

Erhalten wurden die vergänglichen Spuren durch eine natürliche Gegebenheit. Der Vulkan Sadiman war in kurzer Zeitabfolge achtzehnmal ausgebrochen. Savannentiere, darunter auch die Australopithecinen, durchquerten nach dem Abkühlen der Vulkanasche nach einem Ausbruch das Gebiet am Ufer des Flusses Garusi. Kurz zuvor muss die Landschaft durch den Ausbruch verwüstet und einer Mondlandschaft gleich anmutend ausgesehen haben. Heiße Winde wehten und Asche verschleierte den Himmel. Die vorüberziehenden Lebewesen hinterließen Spuren in der durch plötzlich einsetzenden Regen angefeuchteten Asche. Die Regentropfen haben in der staubigen Erdoberfläche kleinste Krater hinterlassen. Die auf den Regen folgende Sonne hat die Asche und die Spuren der Lebewesen in ausgehärteten Tuffstein verwandelt. Dieser wurde beim direkt darauffolgenden, wiederkehrenden Vulkanausbruch betonartig versiegelt und mit einer neuen Lage Asche abgedeckt. Durch diese Ereignisse sind die Spuren der Lebewesen versteinert, und konnten so die Zeit bis heute überdauern.

Die Abdrücke von Laetoli öffnen ein einzigartiges Fenster in die Vergangenheit. Sie ermöglichen Forscher:innen, ein wichtiges Kapitel der menschlichen Evolution zu untersuchen. Gleichzeitig öffnen sie Räume der Imagination. Zwei parallel verlaufende Spuren. Die große muss von zwei erwachsene Homininen stammen, die hintereinander liefen. Der eine trat in die Fußtritte des anderen, so wie es manchmal Menschenaffen und auch wir Homo sapiens tun. Neben ihren Abdrücken befinden sich die von kleineren Füßen. Vielleicht ihr Kind, das eng an die Eltern angeschmiegt ging. Die Spur deutet ein Innehalten an. Eine Unterbrechung, die darauf schließen lässt, dass das Kind im Laufen stehengeblieben sein muss, vielleicht um zurückzublicken.

Die Fußabdrücke unterscheiden sich nur wenig von denen heutiger Menschen. Fußballen und Zehen üben Druck beim Laufen auf den Untergrund aus. Der hier gezeigte Abguss der Fußspuren von Laetoli wurde für die Ausstellung des Frankfurter Kunstvereins vom Naturhistorischen Museum in Wien als digitaler Datensatz gefertigt. Für die Ausstellung ist eine handgefertigte Nachbildung entstanden, die von Prof. Daniel Gilgen (Hochschule Trier) und Olaf Vogel (Geologischer Präparator am Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum Frankfurt) hergestellt wurde.

Das Laetoli Gebiet ist eine zentrale Fundstätte der Paläoanthropologie. In den Millionen Jahre alten Schichten fanden immer neue Forscher:innen Teams ab den 1970er Jahren zehntausende fossile Knochenreste und Spuren von über zwanzig Tierarten und Fußabdrücke von siebzig Individuen menschlicher Homininen. Die Zeit hat Schicht über Schicht geschaffen, aus Sediment und vulkanischem Material, die an manchen Stellen mehr als 130 Meter mächtig ist.

Als dort von einem Forscher:innen Team unter der Leitung von Mary Leakey Knochenfragmente und Fußabdrücke der Frühmenschenart Australopithecus afarensis gefunden wurden, zu der auch die weltberühmte Lucy zählt, war das eine Sensation. Paläoanthropolog:innen legten die Fußabdrücke sorgfältig frei, mehrfach im Laufe der Jahrzehnte. Sie dokumentierten sie mit immer ausgereifteren Technologien, wie zuletzt mit 3D-Laser-Scannern und unter Zuhilfenahme von digitalen forensischen Methoden.

Der erste direkte Beweis für den aufrechten Gang eines unserer Vorfahren war gefunden. Neueste Untersuchungen ergaben, dass einige der Abdrücke von Laetoli von einer anderen, möglicherweise noch unbekannten, Homininen-Art stammen.

Wir danken

Dr. Margit Berner (Naturhistorisches Museum Wien)
Apl. Prof. Ottmar Kullmer (Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum Frankfurt)
Prof. Daniel Gilgen (Hochschule Trier)
Olaf Vogel (Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum Frankfurt)