Abstract von Prof. Dr. Elżbieta Korolczuk
Was hat (Anti-)Gender mit Populismus zu tun? Der polnische Fall und darüber hinaus
In den letzten Jahren sind patriarchalische Geschlechternormen und Ideologien zu einem festen Bestandteil der Programme rechtspopulistischer Parteien geworden. Rechtspopulistische Führer wie Jarosław Kaczyński, Victor Orban, Jair Bolsonaro und Matteo Salvini haben sich ein Image als Verteidiger der traditionellen Familie und der Nation gegen die Auswüchse der sogenannten „Gender-Ideologie“ erarbeitet. Eine solche Haltung hat ihnen geholfen, die Unterstützung der Öffentlichkeit zu gewinnen: Eine Meinungsumfrage aus dem Jahr 2019 zeigte, dass auf die Frage nach den größten Bedrohungen für Polen im 21. Jahrhundert die Mehrheit der jungen Männer und älteren Menschen erklärte, dass ihre größte Angst die Bedrohung durch die „Gender-Ideologie und die LGBT-Bewegung“ sei.
Die Präsentation wird sich auf die Beziehung zwischen Populismus und Geschlecht konzentrieren. Es wird nicht nach spezifischen geschlechtsspezifischen Aspekten des Populismus als Ideologie gesucht, sondern eine wachsende opportunistische Synergie zwischen den rechten Parteien und ultrakonservativen Gruppen, die sich gegen „Gender“ wenden, untersucht. Diese Synergie spielt sich auf zwei verschiedenen Ebenen ab: ideologisch/diskursiv und strategisch/organisatorisch. Da es sich beim Populismus nicht um ein robustes ideologisches Projekt handelt, greift er gerne auf Ideen und Erzählstrukturen zurück, die von der ultrakonservativen Anti-Gender-Bewegung gefördert werden, wenn auch oft auf opportunistische und selektive Weise. Die Populisten arbeiten auch eng mit den Anti-Gender-Organisationen zusammen, da sie im Zuge eines umfassenden Elitenwechsels neue Kader benötigen. Gleichzeitig nutzen die Akteure, die hinter Anti-Gender-Kampagnen stehen, die organisatorischen Ressourcen, die rechte Parteien bieten, und den Zugang zu politischen Prozessen, vor allem in Kontexten wie Polen, wo letztere an der Macht sind. Erleichtert wird diese Zusammenarbeit durch die Tatsache, dass die ultrakonservative Kritik an „Gender“ in populistischen Begriffen formuliert wird. Die Bewegung präsentiert sich als notwendige und mutige Verteidigung „des Volkes“ gegen mächtige und fremde „liberale Eliten“, wobei die „Gender-Ideologie“ nachdrücklich als moderne Version des Kolonialismus bezeichnet wird.