Aleksandar Radan

Prophezeiung eines lächerlichen Avatars, 2017
Rotoskopie (3D Animation), HD Film
5 min

In Between Identities, 2015
Game Modding (GTA 5), HD Film
8:50 min

Courtesy der Künstler

Aleksandar Radan bezeichnet sich als Filmemacher auf der Suche nach innovativen Formen der filmischen Arbeit. Seine Werke bewegen sich zwischen Animation und Dokumentarfilm und bedienen sich der Erfahrungswelten fiktiver und realer Figuren aus dem Netz. Radan arbeitet mit „found footage“, vorgefundenem Bild- und Tonmaterial aus dem Internet. Er löst es aus seinem erkennbaren Kontext heraus und schafft damit Filme, die bewusst auf eine narrative Struktur verzichten. Aus Livestreamings privater User, YouTube Videos, Computerspielen, Simulatoren und Let‘s Play-Feeds löst Radan visuelle Versatzstücke heraus, verfremdet sie und nutzt diese als Stoff für seine filmische Arbeit.

In der Ausstellung war Radan mit zwei Videoarbeiten vertreten. Der Animationsfilm Prophezeiung eines lächerlichen Avatars (2017) entstand speziell für die Ausstellung im Frankfurter Kunstverein. Mit minimalen Zeichenstrichen und Stop-Motion-Technik schuf Radan kurze Sequenzen, die er zu einem Animationsfilm montierte. Mit Film- und 3D-Animationsprogrammen zeichnete er Szenen und Figuren nach, die er dem Fundus zahlloser privater Selbstdarstellungen im Internet entnahm. Trotz digitaler Werkzeuge zeichnete er jedes der 25 Bilder, die eine Sekunde Bildsequenz ergeben, gänzlich manuell. Bewusst entschied sich Radan für diese zeitintensive Produktion, bei der zwei Tage Arbeit 10 Sekunden Film entsprechen. In der absoluten Reduktion auf ihre Umrisse verloren die Figuren jegliche Individualität. Die Wesen agierten in einer kontextlosen Leere, allein ihre Bewegungen und Handlungen zeichneten etwas Urmenschliches nach. Die Zeichnungen kombinierte Radan mit online vorgefundenen Tonfragmenten und gab den Bildern durch sie eine befremdliche Körperlichkeit zurück.

Die Arbeit In Between Identities (2015) basierte auf dem Open World Game Grand Theft Auto 5. Das Computerspiel wurde vom Künstler „gemoddet“, also modifiziert, indem er den Code des Spiels umschrieb und erweiterte. Innerhalb der Spielwelt begab er sich auf die Suche nach nebensächlichen Orten und setzte neue Kamerablickpunkte. Er erweiterte unbedeutende Erzählstränge, digitale Landschaften und Nebendarsteller des Spiels und löste die BetrachterInnen aus der Rolle der rasant agierenden SpielerInnen. Radan projizierte die neu erzeugten Computerbilder an die Wand und nahm diese mit einer analogen Kamera auf. Dabei erzeugte er Verwacklungs- und Zoomeffekte, die Sehkonventionen adressierten und emotionale Dichte herstellten. Die Grenze zwischen analog und digital verschwandet. Die BetrachterInnen wird zu VoyeurInnen der physischen Präsenz der Figuren, die ihre digitalen Körper zur Schau tragen.

In beiden Arbeiten wurde vorgefundenes Bildmaterial arrangiert, wodurch neue Sinnzusammenhänge erzeugt wurden. In einer Zeit, in der die Identitätskonstruktion und -simulation verstärkt im digitalen Raum stattfindet, sucht Radan nach neuen Formen der Generierung von Filmwelten. Der Regisseur wird Autor der zweiten Instanz, bei dem das Arrangement und die Umgestaltung eines bereits vorhandenen audiovisuellen Materials den Charakter seines Werks ausmachen.

 

Aleksandar Radan (*1988, Offenbach, DE) ist bis 2018 Teil des Programms der Emerging Artists Vol. 3 der AG Kurzfilm, mit 30 Screenings weltweit, gewesen. Seit 2010 studiert Radan Film und elektronische Kunst an der Hochschule für Gestaltung Offenbach (DE) bei Prof. Alexander Oppermann und Prof. Rotraut Pape.

Der Künstler nahm an zahlreichen Filmfestivals teil, unter anderem an den Vienna Shorts, Internationales Kurzfilmfestival, Wien (AT), den Internationale Kurzfilmwoche, Regensburg (DE), dem Filmfest Dresden Internationales Kurzfilmfestival, Dresden (DE), dem Ostrale, Rijeka (HR), der B3 Biennale des bewegten Bildes, Frankfurt am Main (DE), dem KFFK Kurzfilmfestival, Köln (DE), dem European Media Art Festival, Osnabrück (DE), dem International Short Film Festival, Oberhausen (DE), dem 38. Festival Du Court Métrage, Clermont-Ferrand (FR), dem Kasseler DokFest, Kassel (DE).

Radan erhielt 2019 den 1. Jurypreis des KFFK Kurzfilmfestival Köln (DE) und 2018 die Auszeichnung Best experimental Film des Lago Filmfest, Lago (IT).