Esther Hovers

False Positives: Overview A – Timeframe: 04‘ 26”, 2015-16
False Positives: Overview H – Timeframe: 02’ 13”, 2015-16
False Positives: Overview I – Timeframe: 05’ 42”, 2015-16
C-Prints, jeweils 130 x 97,51 cm
Courtesy of the artist

Esther Hovers Arbeit False Positives thematisiert die Funktion lernender Systeme hinter sogenannten Smart Cameras. Diese zeichnen nicht nur ihre Umgebung auf, sondern interpretieren die Bilder in Echtzeit. Bewegungen von Menschen im öffentlichen Raum werden registriert, analysiert und mit Mustern abgeglichen. Stellt ein System abweichende Bewegungen fest, stuft dieses das Verhalten als verdächtig ein. Mustererkennungen werden mit einem bestimmten Grad an Abweichungstoleranz konzipiert, sodass die meisten erfassten Anomalien als Fehlalarm, False Positives, eingeordnet werden.

Hover wählt für Ihre umfassendere fotografische Serie Titel, aus der die Ausstellung drei Werke präsentiert, die sich auf die Terminologie der Überwachungstechnik ableiten und verdächtige Bewegungsmuster benennen: „Stillstehen“, „Schnelle Bewegungen“, „Einsame Objekte“, „Platzieren an einer Ecke“, „Auseinanderbrechende Gruppierungen“, „Synchrone Bewegungen“, „Wiederholtes Zurückschauen“ und „Abweichende Richtungen“. Hovers Bilder entstanden in einem Brüsseler Verwaltungsviertel, wo sie sowohl zufällige Passanten als auch inszenierte Situationen im öffentlichen Raum fotografierte. In der digitalen Nachbearbeitung collagierte sie bis zu zwanzig Aufnahmen zu einem Bild und verdichtete somit das Geschehen eines ausgedehnten Zeitraums zu einem konstruierten Moment. Diese künstlerische Synthese verweist auf die Funktionsweise intelligenter Überwachungssysteme, die einzelne Ereignisse aus einer Flut an Daten zu extrahieren wissen.

Algorithmen steuern komplexe Prozesse, lenken autonome Infrastrukturen und erfassen das ‚Scoring’ von Individuen. Nur langsam wächst ein Bewusstsein für diese Anwendungen. Systeme und Menschen bedingen sich heute gegenseitig und passen sich wechselwirkend aneinander an. Was als normal oder außerhalb der Norm gilt, wird aber nicht mehr nur von Menschen bestimmt, sondern zunehmend von intransparenten KI Systemen. Welche Datensätze und Klassifizierungssysteme angewendet werden, wird von Behörden oder Konzernen bestimmt, die keiner öffentlichen Prüfung unterliegen. Somit stellt sich Esther Hover in die Tradition international aktiver KünstlerInnen, die ihre Arbeit in den Dienst einer Aufklärung und Sichtbarmachung stellen, um verborgene Prinzipien öffentlich zu machen.

Die niederländische Künstlerin Esther Hovers (*1991) studierte Fotografie an der Royal Academy of Art in Den Haag (NL), wo sie heute lebt und arbeitet. Seit ihrem Abschluss war sie in zahlreichen internationalen Ausstellungen zu sehen, unter anderem in der C/O Berlin Foundation (DE), der Alan Gallery, Istanbul (TR), im Foam Museum, Amsterdam (NL) und in der Nationalgalerie in Prag (CZ).