Kora Riecken
Lore, 2025
5-Kanal Soundinstallation, Aktivlautsprecher, Bruchstein, Holz, Asche
Sprecher:innen: Luna Hepper, Jonas Säverin, Jerome Scheuren, Jakob Stöger, Luna Vega
Schnitt: Tilli Treier
17 min
Courtesy die Künstlerin
Kora Riecken (*1997, Frankfurt am Main, DE) studiert an der Kunsthochschule Mainz. In ihrer Arbeit verknüpft sie Video, Audio, Performance und Installation, ausgehend von ihrer schriftstellerischen Produktion. Sie setzt sich mit weiblicher Melancholie, Intimität und Rückzug auseinander.
Oft in Form von Videoinstallationen richtet Riecken den Blick auf einzelne körperliche Handlungen oder Szenen, die sie aus ihren Kontexten löst und ihnen eine neue erzählerische Kraft verleiht. Diese Fragmente wirken zuerst vertraut, da sie Alltagserfahrungen und Sehgewohnheiten widerspiegeln. Doch Riecken zerlegt die einzelnen Abläufe, nimmt sie aus dem Kontext und rückt sie in den Mittelpunkt. Somit erlangen sie eine neuartige Symbolik. Sie werden so zu einem Erkennungsmerkmal, das stellvertretend für die Atmosphäre einer Generation stehen kann. Es sind intime, brüchige Bilder, die privat anmuten, aber eine kollektive Stimmung ohne große Gestik abbilden.
In ihren Videoarbeiten verwendet Riecken wiederholt die künstlerische Strategie der Rekombination unterschiedlicher Elemente. Banale Gesten, unscheinbare Orte und Motive sowie minimale Handlungen werden überraschend kombiniert, um neue assoziative und teilweise absurde Resonanzräume zu eröffnen. Diese Methode erinnert an die Videosnippets von Instagram und TikTok, auf denen der Alltag in Fragmenten erzählt wird. Jedoch meidet Riecken jegliche Spektakularisierung. Sie nimmt unangenehme Blickwinkel ein, stellt Momente intimer Rückzugsorte dar, die eher im Verborgenen stattfinden. Sie richtet ihr Auge auf das, was die Orte melancholischer Stimmungen sind. Dadurch beschreiben ihre fragmentarischen Welterzählungen emotionale Bedürfnisse nach Rückzug und Berührung.
Für die Ausstellung im Frankfurter Kunstvereins hat Kora Riecken eine räumliche Klanginstallation geschaffen. Riecken hat einen Text verfasst, den sie von verschiedenen Sprecher:innen hat einlesen lassen und der abwechselnd aus mehreren Boxen zu hören ist. Die Anordnung im Raum ist kreisförmig um eine zentrale, imaginäre Lagerfeuerstelle.
Schon lange interessiert Riecken sich für die Kraft mündlicher Erzählungen. True Crime Geschichten haben im Internet eine globale Resonanz erlangt. Die urmenschliche Praxis der Mythenerzählung und der Urbanen Legenden fasziniert die Künstlerin. In zahlreichen Onlineforen findet diese Form der Gemeinschaftsbildung statt. Dort herrscht die Regel, dass jede Erzählung, ungeachtet ihres Phantasiegrades, auf keinen Fall angezweifelt werden darf. So entsteht ein Schutzraum, zu dem sich alle Teilnehmenden bekennen.
Das Lagerfeuer als Schwebemoment, das nächtliche Beisammensein im Schein des Feuers und das Erzählen von Geschichten, stehen im Mittelpunkt der Installation. Sie geben eine Stimmung vor. Die uralte Praxis des mündlichen Berichts greift Riecken auf. Sprache ist für sie ein Raum des Möglichen, um über Wirklichkeit und Fiktion nachzudenken.
Kora Riecken (*1997 in Frankfurt am Main, DE), studiert seit 2019 an der Kunsthochschule Mainz (DE) in der Klasse für Medienkunst bei Prof. Dieter Kiessling. Ihre Arbeit umfasst Video, Installation sowie eine literarisch-textbasierte Praxis. Dabei erforscht sie Themen wie weiblicher Melancholie, Intimsphären und dem Unbehagen, das diese Räume durchzieht. Indem sie ihren Körper als erzählendes Element nutzt, untersucht in ihrer künstlerischen Arbeit die Rolle von Autofiktion und die Grenze zwischen Person und Persönlichem, Eigen- und Fremdwahrnehmung.
Ihre Kurzgeschichten sind mit Preisen ausgezeichnet und in diversen Anthologien veröffentlicht. 2022 und 2023 war Kora Riecken Finalistin des hr2 Literaturpreises. Ihre Arbeiten zeigte sie unter anderem in folgenden Institutionen: documenta Halle, Kassel (DE), Basis Projektraum, Frankfurt am Main (DE), Kunstverein Trier Junge Kunst (DE), Galerie Hafemann, Wiesbaden (DE). Seit 2025 leitet die das Literaturkollektiv sexyunderground im Literaturhaus Frankfurt für Nachwuchsautor:innen. Riecken war 2024 Stipendiatin der „Summer Summit“ Residency der Stiftung Insel Hombroich, sowie des Deutschlandstipendiums.