Momu & No Es

Lucía Moreno (*1982, Basel, CH) & Eva Noguera (*1979, Barcelona, ES)

Calvary Chapel, 2022
Installation auf Glas
Variable Größe
Courtesy die Künstlerinnen

Eine moralische Erzählung

Momu & No Es sind seit 2004 ein Künstler:innenduo. Sie arbeiten zwischen Rotterdam, Barcelona und Madrid. Ihre Projekte kombinieren Video, Szenografie und Performance und verwenden Objekte sowie visuelle und musikalische Referenzen aus der zeitgenössischen Popkultur, der Internetkultur, aus dem Alltäglichen und dem Belanglosen. Es handelt sich um Elemente, die von den Künstler:innen neu kontextualisiert und mit neuer Bedeutung versehen werden und die zu Protagonist:innen verrückter Erzählungen werden, die sich im Spannungsfeld von Vertrautem und Absurdem bewegen und fremdartige Stimmungslandschaften schaffen.

Momu & No Es interessieren sich für die Abgötter der Gegenwart und dekonstruieren auf strategische Art und Weise die Entstehung unserer Sehnsüchte, die auf Erfolgsversprechen und Spaßgarantien beruhen, jedoch Frustration und Depression erzeugen, und konfrontieren uns so mit den Scherben der Gegenwart. Das Bizarre, das Außergewöhnliche, die Bilder des Hyperrealistischen, das Virtuelle, das Mythische, das Kosmische – alles ist Realität und alles gewinnt an Bedeutung in diesem absurden und schrillen Remix, der unsere globalisierte, hypererregte und konsumgierige Gegenwart widerspiegelt.

Wie bei einem Kirchenfenster führt uns die architektonische Intervention Calvary Chapel durch sieben Stationen durch eine Erzählung. Wie ein Kreuzweg mit seinen Stationen, der für die zahlreichen Leiden und Unglücke, die ein Mensch erleidet, steht. Die Kapelle ist der Ort eines privaten Gebetsraumes, in dem das Profane verehrt wird – eine Anrufung, die sich auf die Figur des Abgottes konzentriert, ein übernatürliches Wesen, das so verehrt wird, als sei es die Gottheit selbst. Ein zoomorphes Wesen aus dem Paläozoikum, eine fossile Figur aus der Zeit des vierten Massensterbens der Erde.

Das Werk, das an ähnliche Themen aus früheren Arbeiten wie The Aldy Chappel (2014) oder Lunar Park (2017) anknüpft, ist in zwei Teile gegliedert, die dem Prinzip des Aufstiegs und des Abstiegs entsprechen. Mit einem austauschbaren Ausgangs- und Zielpunkt hinterfragt dieses Werk die Bedeutung von Aufstieg und Abstieg, die westliche Vorstellung von Opfer, Belohnung und Erlösung. In dieser Umkehrbarkeit der Kalvarienberg-Erfahrung sind Schritte und Kapitel miteinander verwoben, deren Verbindungen neue Lesarten schaffen. Unterirdische Gruben, militärische Siedlungen, ein Götzenbild, das aus dem aufgewühlten Wasser auftaucht, ein klimatisches Inferno, Begegnungen in alten Versammlungssälen … Die Probleme, die sich anhäufen, wie bei einer privaten Verschuldung, ein zunehmendes Gewicht von angehäuften Gegenständen, die uns erdrücken. Ein Abgott verschlingt seine eigene Spiritualität. Im Schauraum einer Perlenfabrik zeigt ein Verkäufer einer Gruppe von Pauschaltouristen das Produktangebot. Ein Wurm spielt auf die Physik des kosmischen Lochs und die Möglichkeit von Abkürzungen auf der Reise an.  Metall erinnert uns an den Geschmack in unserem Mund nach einer durchzechten Nacht. Dank veränderter Bewusstseinszustände kommt es zu Begegnungen mit den kleinen Wesen, über die man so viel sagen könnte … Irgendwann wird jeder mit der Unfähigkeit konfrontiert, die Reise fortzusetzen, Entscheidungen zu treffen in dieser Art Trajansäule des heutigen Lebens, einer Art Kosmorama oder Sinnbild des heutigen Moments.

Diese scheinbar naiven und wahnhaften Bildwelten, die Momu & No Es entwerfen, haben eine utopische Funktion, ein radikal subversives Potenzial, das sie als westeuropäische Frauen ihrer Generation ganz bewusst verteidigen, indem sie die Kultur, die sie prägt, extrem humorvoll dekonstruieren.

 

Momu & No Es ist ein Künstlerinnenduo bestehend aus Lucía Moreno (*1982, Basel, CH) und Eva Noguera (*1979, Barcelona, ES). Beide erwarben einen Abschluss in Bildender Kunst an der Universität von Barcelona (ES) und absolvierten anschließend ein Aufbaustudium in künstlerischer Forschung am DAI Dutch Art Institute, Arnheim (NL). Ihre Arbeit wurde in Einzelausstellungen gezeigt, zum Beispiel in Institutionen wie Espai13, Fundació Joan Miró, Barcelona (ES), 1646, Den Haag (NL), MACG Museo de Arte Carrillo Gil, Mexico City (MX), CUAC Central Utah Art Center, Salt Lake City (US), Ellen de Bruijne Projects, Amsterdam (NL), Tokyo Wonder Site, Tokyo (JP), Espai Montcada, CaixaForum, Barcelona (ES). Außerdem nahmen sie an Gruppenausstellungen in La Virreina Centre de la Image, Barcelona (ES), TENT, Rotterdam (NL), CA2M Centro de Arte Dos de Mayo, Madrid (ES) oder der 11. Biennale von La Habana (CU) und an Filmfestivals wie dem IFFR International Film Festival Rotterdam (NL), den Internationalen Kurzfilmtagen Winterthur (CH) oder La Ola, Los Angeles (US) teil. Sie leben und arbeiten zwischen den Niederlanden und Spanien.