Nicola Toffolini

Sezione B#01, 2013
Zeichnungen mit Copic Multiliner SP 0.03, 0.05, 0.1, 0.2, 0.25, 0.3, 0.35, 0.5, 0.7 schwarzen Stiften, Copic Marker, Copic Wide, Copic Skizzenfarben 100 Schwarz und 110 Spezial Schwarz auf Fabriano Accademia Zeichenpapier 200gsm
250 x 150 cm

Sezione A#01, 2013
Zeichnung mit Copic Multiliner SP 0.03, 0.05, 0.1, 0.2, 0.25, 0.3, 0.35, 0.5, 0.7 schwarzen Stiften auf Fabriano Accademia Zeichenpapier 200gsm
250 x 150 cm

Sezione Doppia B#01, 2020
Zeichnung mit Copic Multiliner SP 0.03, 0.05, 0.1, 0.2, 0.25, 0.3, 0.35, 0.5, 0.7 schwarzen Stiften, Copic Marker, Copic Wide, Copic Skizzenfarben 100 Schwarz und 110 Spezial Schwarz auf Fabriano Accademia Zeichenpapier 200gsm
300 x 260 cm (2 Stk.)

Sezione B#03, 2020
Sezione B#04, 2020
Sezione B#02, 2020
Zeichnungen mit Copic Multiliner SP 0.03, 0.05, 0.1, 0.2, 0.25, 0.3, 0.35, 0.5, 0.7 schwarzen Stiften, Copic Marker, Copic Wide, Copic Skizzenfarben 100 Schwarz und 110 Spezial Schwarz auf Fabriano Accademia Zeichenpapier 200gsm
250 x 150 cm

Courtesy der Künstler und Galleria D406 disegno contemporaneo, Modena

Pòst #01, 2020
Zeichnung mit Molotow Blackliner 0,05, 0,1, 0,2, 0,3, 0,4, 0,5, 0,7, 0,9 und 1,0 mm schwarzen Stiften, Liquitex Acrylic Gouache auf Fabriano Artistico Zeichenpapier 640 gsm
140 x 140 cm

(an der Wand)
Studi erosioni (gessi)
, 1999 – 2000
Parassiti
, 2011 – 2012
CX
, 2013 – 2016
(in den Vitrinen)
Ciambelle
, 2013 – 2015
Architetture utopiche
, 2019 – fortlaufend
Zeichnungen mit Sakura Pigma Micron 005, 01, 02, 03, 05, 08 und schwarzen Pinseln auf Moleskine Japanisches Taschenalbum
9 x 279 x 1 cm; geschlossen 9 x 14 x 1 cm

Courtesy der Künstler

Nicola Toffolini studiert seit zwei Jahrzehnten Texte zu Botanik, Wissenschaftsphilosophie, Zukunftsliteratur und Renaissancegrafiken. Seine Recherchen und sein Wissen transformiert Toffolini in das Medium der Zeichnung und multimedialer Objekte.

Im Frankfurter Kunstverein konzentriert sich die Auswahl der Arbeiten auf sein zeichnerisches Werk in Form der Gesamtinstallation, die aus acht Zeichentafeln besteht. Am äußersten Bildrand ist noch die Grasnarbe mit ersten Bodenschichtungen zu sehen, die in einem reduzierten naturalistischen Stil gezeichnet wurde. Doch sein zentrales Bildmotiv ist der Raum, der sich dem Auge des Menschen entzieht, unterhalb der Erdoberfläche. Mit einem feinsten Tuschestiften und schwarzen Copymarkern zeichnet Toffolini mit der Genauigkeit eines Botanikers oder Technikers in monatelanger Präzisionsarbeit Pflanzen und Bodenquerschnitte. Die stilisierten Kartierungen bilden nicht nur eine kontrollierte Natur ab, sondern sie haben auch die zeitliche Dimension des manuellen Zeichenprozesses in sich eingeschrieben.

Die Tafeln entsprechen der Größe eines menschlichen Körpers. Die anfänglich weiße Papierfläche wird von dem Künstler mit Utensilien verändert, die von technischen Zeichnern für wenige und genaue Striche verwendet werden. Toffolini hingegen bedeckt Quadratmeter an Fläche durch eine fast obsessive Ausführung dünner Striche, bis der Raum gänzlich gefüllt oder geschwärzt ist. Diese Praxis erinnert an die Kunstform der Kalligrafie, die in minutiöser Vorbereitung die eigene Wahrnehmung und Bewegungsweise schärft, als körperliches Ausagieren von kontrolliert gesetzten Zeichen auf der Suche nach innerer Ruhe.

Somit wird das Zeichnen zu einem körperlichen Akt des Denkens und der Selbstvergewisserung, zu einer körperlichen Übertragung der Gedanken, zu einem physischen Akt, der die Gedanken in eine konzentrierte Richtung bündelt.

Einerseits formal strukturiert und bis zur Schmerzgrenze konsequent, und andererseits frei in seiner Assoziation, hält sich Toffolini nicht mehr an die Regeln realer Bedingungen, sondern dekonstruiert und kombiniert neu, bis imaginierte Systeme entstehen. Die Bildwelten setzen sich aus natürlichen Elementen und technischen Strukturen zusammen. Die Kontrolle, die Toffolini über seine Motive ausübt, spiegelt menschliche Eingriffe in die Landschaft wider. Er konstruiert artifizielle Welten, die in ihrer Manipuliertheit unheimlich wirken.

Schon immer vollzieht Toffolini seine Denkprozesse im intimen Format des faltbaren Notizbuchs. In der Ausstellung sind fünf davon zu sehen. Seine Zeichenbücher sind Studien zu einzelnen botanischen, geologischen oder physikalischen Phänomenen, die er aus einer wissenschaftlichen Kenntnis heraus in eine bildliche Abstraktion überführt. Es entstehen Partituren aus Gedanken, Wissensfragmenten und bildhaftem Denken zu Themen rund um die ökologischen Systeme, klimatischen Veränderungen, menschengemachten Katastrophen, die um das Spannungsverhältnis zwischen menschlicher Kultur und Natur kreisen.

Als zeitgenössischer Künstler ist er Zeuge der Bilderflut medialer Berichterstattungen über klimatische Phänomene, ökologische Katastrophen sowie die immer zahlreicher stattfindenden Naturzerstörungen und verarbeitet diese indem er die Bilder als Material zu ordnen versucht. In einem privaten Archiv sammelt Toffolini große Mengen an Bildreferenzen, Zeitungsartikeln, Literatur, wissenschaftlichen Texten und historischen Stichen italienischer Gelehrter, die er in einem persönlichen Atlas zusammengetragen hat. Daraus entstehen seine Motive, als Essenz aus langwierigen Bildfindungsprozessen, die er dann zu surrealen Bildkonstellationen verschmelzen lässt. Diese dienen ihm als Studie für seine Werke, in denen er einzelne Elemente, gepaart mit Wissen um ökologische Prinzipien, zu eigenständigen Bildwelten werden lässt. Nicola Toffolini schafft überdimensionale Zeichnungen, die an historische Kupferstiche erinnern, doch anstelle einer Miniaturisierung des Bildes, sucht er nicht die Komprimierung einer Welt auf kleinsten Raum, sondern im Gegenteil, er lenkt den Blick auf die Details und verstärkt diese durch Größe.

Präzise und objektiv wie heutige hochauflösende bildgebende Verfahren jede natürliche Bodenschichtung und jedes Lebewesen auf der Suche nach Mustern und Fakten digital durchleuchten, muten auf einen ersten Blick die Werke Toffolinis an. Doch in seinen unerbittlich perfekten Zeichnungen ist eine Welt zu sehen, die nicht mehr in ihrem Inneren beseelt ist, sondern zu Fragmenten zerfällt.

Nicola Toffolini (*1975 in Udine, IT) ist ein Künstler, Darsteller und Designer, der in Florenz (IT) und Coseano (IT) lebt und arbeitet. Er absolvierte seine künstlerische Ausbildung im Fach Malerei an der Akademie der Bildenden Künste in Venedig (IT). Er realisiert Skulpturen, Installationen und Zeichnungen. Toffolini wurde mit dem prestigeträchtigen Stipendium der amerikanischen Pollock-Krasner Grant Stiftung (US) ausgezeichnet, die zu Ehren des künstlerischen Vermächtnisses von Lee Krasner und Jackson Pollock gegründet wurde. Zusammen mit der Künstlerin Eva Geatti ist er Gründer der experimentellen disziplinenübergreifenden Theatergruppe Cosmesi (2003) und des Design-Studios Cickine (2017) im Bereich Design. Er hat in zahlreichen Institutionen und Messen ausgestellt, wie zum Beispiel: ArteFiera, Bologna (IT), Loft Project, Sankt Petersburg (RU); Artissima und Parco Arte Vivente, Turin (IT); Expo Shanghai und Shanghai Urban Planning Exhibition Center, Shanghai (CN), Palazzo Re Enzo und Pinacoteca, Bologna (IT), Isola di Sant’Erasmo, Venedig (IT), Palazzo Strozzi, Florenz (IT), Brown Project Space, Mailand (IT), Istituto Italiano di Cultura, Madrid (ES), Orto Botanico, Palermo und Parma (IT), Fondazione Bevilacqua La Masa, Venedig (IT), ), Schusev Museum of Architecture, Moscow (RU), Museo della Scienza e della Tecnologia Leonardo da Vinci, Mailand (IT).