Noa und Lara Castro

Sempre se encontra consolo, 2022
Zwei-Kanal-Video HD
28:50 min
Courtesy die Künstlerinnen

Geträumte Erinnerungen

Noa und Lara Castro arbeiten als künstlerisches Duo und schaffen Filme, die Geschichten erzählen, die Elemente von Fabeln, Erinnerungen, Landschaften und Träumen beinhalten. Sie tauchen in das Unterbewusstsein und Gedächtnis ihrer Heimat ein, um alles, was dort von Aussterben bedroht ist, zu schützen, und fragwürdige Entwicklungen kritisch zu beleuchten.

Sie interessieren sich für die fragmentierte und unvorhersehbare narrative Struktur von Träumen. Ihre Erzählungen sind von Erscheinungen, Umbrüchen und Übergängen geprägt und von ungewöhnlichen, unlogischen Assoziationen durchdrungen.

Ihre Werke sind immer in Galicien und insbesondere an der zerklüfteten Costa da Morte (Todesküste) im Nordwesten der Region verortet und ihre Protagonist:innen sind den Künstler:innen nahestehende Personen, Verwandte, Freund:innen oder Bekannte. Ihre Arbeitsweise ist geprägt von der persönlichen Liebe zum Sujet und der sorgfältigen Umsetzung. Die beiden Schwestern treffen Entscheidungen gemeinsam und entwickeln ihre Projekte auf kooperative Art und Weise, zwischen dem Geschriebenen und dem Spontanen, zwischen dem Plausiblen und dem Fantastischen. Ihre Werke funktionieren innerhalb einer ästhetisch-theoretischen Logik und durchdringen gleichzeitig ihr tägliches Leben. Sie bauen Verbindungen zwischen den Betrachter:innen und der Region, in der sie aufgewachsen sind, umgeben von einem gefährlichen, manchmal idealisierten Meer, einer Gegend in der lange Fischerei betrieben wurde und von ärmlichen Verhältnissen bestimmt war, die immer mehr in Vergessenheit geraten.

Ihr jüngstes Werk Sempre se encontra consolo (Man findet immer Trost), 2022, erforscht die Beziehung zwischen Arbeit und Spiel und beleuchtet zugeschriebene Geschlechterrollen, die menschliche und nicht-menschliche Beziehungen definieren. Sie hinterfragen, dass das Leben von nicht-menschlichen Lebewesen verachtet, instrumentalisiert oder ignoriert wird, obwohl diese durch ihre bloße Existenz wahren Trost spenden können.

Der Film besteht aus Liedern, Geschichten und Prophezeiungen. In den Worten der Künstlerinnen: „Gesang und Klang sind Vehikel der Erinnerung – Träume – in denen die Vergangenheit in Stimmen verwandelt, sublimiert, reduziert und erweitert wurde und zu irrationalen Emotionen führt. Agieren ist eine Form möglicher Darstellung, um sich in einem bestimmten Kontext mit diffusen Erinnerungen anderen körperlich zu nähern. Diese Begegnungen sind fließend, unendlich in ihren Implikationen und Möglichkeiten. Unsere Figuren sind immer sie selbst und gleichzeitig andere. Ihre Handlungen sind immer zweideutig und spielerisch. Die Erinnerung ist eine metamorphe Fiktion: Fakten werden in etwas verwandelt, das auf halbem Weg zwischen Wunsch, Vorstellung und Wahrnehmung liegt. Erinnerungen sind so real wie Träume, so wichtig. Es ist in der Tat ein Traum. Das Spiel kommt vor der Erinnerung und ermöglicht Spekulationen über die Zukunft und Handlungen in einer Proto-Realität. Es wird gespielt, es wird losgelassen, es fängt an, es geht kaputt. Spielen macht kontrolliertes Träumen möglich und eröffnet neue Räume.“

 

Noa und Lara Castro (*1998, A Coruña, ES) absolvierten ein Studium der Schönen Künste an der Universität Vigo (ES) und schlossen einen Master in Produktion und Forschung in der Kunst an der Universität Granada (ES) ab. Derzeit studieren sie mit einem Stipendium der María José Jove Foundation Fine Arts an der FHNW in Basel (CH). Sie haben an Festivals und Kreativitätslaboren auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene teilgenommen. Die Künstlerinnen erhielten Preise und Stipendien und waren Teil von Ausstellungen, Initiativen und kollektiven Projekten. Sie sind Programmgestalterinnen des Intersection Festival de Arte Audiovisual Contemporáneo, A Coruña (ES) und Mitglieder des Kollektivs Grupo subterráneo. Sie waren Jurymitglieder bei Filmfestivals und haben Ausstellungen kuratiert.