Toni R. Toivonen

Gutting a Rotten Horse Generated
The Most Horrific Migraine
With The Most Beautiful Aura
Upside Down Into a Landscape
, 2024
Messing und originale Substanzen eines toten Tieres
500 x 250 cm
Ko-produziert vom Frankfurter Kunstverein
Courtesy Toni R. Toivonen und Galerie Forsblom

The Rivers and Streams of a Dissolved Mind, 2024
Messing und originale Substanzen eines toten Tieres
100 x 126 cm
Courtesy Toni R. Toivonen und Galerie Forsblom

The Perfect Moment, 2022
Messing und originale Substanzen eines toten Tieres
400 x 200 cm
Courtesy Nelimarkka Foundation

Mother, 2022
Messing und originale Substanzen eines toten Tieres
300 x 200 cm
Courtesy Private Sammlung, Finnland

Metascape (3), 2022
Messing und originale Substanzen eines toten Tieres
32 x 38,5
Courtesy Private Sammlung, Finnland

Crucifixion, 2018
Messing und originale Substanzen eines toten Tieres
300 x 400 cm
Courtesy Sara Hildén Art Museum

21 Strangers (In My Head), 2024
Messing und originale Substanzen eines toten Tieres
48 x 61 cm
Courtesy Toni R. Toivonen und Galerie Forsblom

The Agony And The Ecstasy, 2024
Messing und originale Substanzen eines toten Tieres
500 x 200 cm
Ko-produziert vom Frankfurter Kunstverein
Courtesy Toni R. Toivonen und Galerie Forsblom

Toni R. Toivonen: Miten kuolema kunnioittaa elämää? (Toni R. Toivonen: Wie ehrt der Tod das Leben), 2023
Film, 17 min
Regie von Meeri Koutaniemi
2. Staffel, 5. Episode der Fernsehserie Irti Kuvasta mit Meeri Koutaniemi
Produziert von Gimmeyawallet Productions, Executive Producer: Elise Pietarila
Courtesy Gimmeyawallet Productions

Toni R. Toivonen ist ein Suchender. Er schafft Bilder, die die übergeordnete Frage nach dem stellen, was Leben ist, und was bleibt, wenn es vergeht. Er schafft Bilder, die das Unsagbare offenbaren, für das es weder Bild noch Wort gibt, um den Moment des Übergangs von Sein und Nicht-Sein einzufangen und die Vergänglichkeit durch die Sakralität des Bildes zu überdauern.

Als sein zentrales Motiv hat Toni R. Toivonen das Tier gewählt, einzeln oder in Gruppen. Seit dem Ursprung der Menschheit waren Tiere magisch aufgeladene Wesen, die als Hüter und Vermittler zwischen der natürlichen und der spirituellen Welt gesehen wurden. Schon vor Urzeiten malten und ritzten Menschen Tierfiguren auf Höhlenwände, die so zu heiligen Orten wurden. Die Künstler:innen waren Schamanen.

Toivonen ist Maler, doch er malt die Tiere nicht. Toivonen ist ein tiefer Kenner der Geschichte von Kunst und Malerei. Er beherrscht die Sprache der Bedeutungen von Farben, Formen, Material und Symbolik. Doch nach Jahren der Malerei hat er die künstlerische Geste der Abbildung durch Nachahmung verlassen. Allegorie und Symbol reichen ihm in seiner Suche nach dem Existentiellen nicht mehr aus. Er lässt die Wirklichkeit ihr eigenes Bild im Material hinterlassen.

Der Künstler nähert sich dem Mysterium des Lebens mit Ehrfurcht. Er schafft die Gegebenheit, den Zyklus des Lebens stattfinden zu lassen. Alles ist Verwandlung. Die Vergänglichkeit zu sehen, den Blick nicht abzuwenden, sondern im natürlichen Kreislauf Trost zu finden, ist der fragile Grad, auf dem Toivonen sich bewegt. Wehmut und Traurigkeit, trotz Schönheit – heilige Erfahrung.

Toni R. Toivonen sucht nach Formen des Begreifens für dieses grundlegende menschliche Erlebnis: die Vergänglichkeit als unermesslichste aller Abwesenheiten. Seine Werke tragen die Abdrücke des Lebendigen und lassen sie in erhabener Schönheit zu Objekten stiller Kontemplation werden. Im Abdruck liegen die abwesenden Formen verstorbener Tiere tief eingeschrieben.

Toivonen lebt und arbeitet fernab der Stadt, in der Einsamkeit der finnischen Wälder. Seine Kunstwerke entspringen der tiefen Verbundenheit mit Tieren. Sie sind Lebensgefährten und Wesen, für die er Achtung und Liebe empfindet. Keines der Tiere verliert sein Leben für die Kunst. Einige von ihnen, Pferde und Hunde, starben eines natürlichen Todes, nachdem sie ihr Leben mit Toivonen verbracht hatten. Andere wurden von Förster:innen mitgebracht oder von Menschen, deren Wunsch es war, ihre Tiere unsterblich werden zu lassen, in der Erinnerung. Die Sakralität des Augenblicks des Übergangs – vom Leben zum Tod – ist für den Künstler ein Mysterium, dem er sich mit seinen Bildern zu nähern sucht.

Der Künstler legt die Körper der toten Wesen auf Messingoberflächen. Er ordnet sie behutsam an. Es sind die Leiber, die den Bildträger verändern. Es ist die zu Tage tretende Substanz, aus der alles Lebende besteht. Sie korrodiert und oxidiert das Metall. Wie ein Alchemist hat Toivonen die gegenseitigen Reaktionen von Körpern und Metall studiert und erprobt. Seine Kunst entsteht in Wochen des Wartens und Beobachtens, in denen der Kreislauf der Natur seinen Lauf nimmt und der Zyklus von Werden und Vergehen sich in das Metall verewigt. Was entsteht, sind monumentale Bilder, figürlich oder abstrakt. Sie sind Zeichen einer Inkarnation, vergegenwärtigen sie doch mehr als Andeutungen allein.

Die Farbe Gold spielt in Toivonens Werken eine wesentliche Rolle. Vom Alten Ägypten, den Kulten der Inka, den byzantinischen Mosaiken, über die christliche Malerei des Mittelalters bis hin zur Moderne, steht Gold in seiner Schönheit für das Transzendente, ist ein Symbol für das Überirdische und Ewige. Und so entstehen Toivonens Bilder nicht auf Leinwänden, sondern auf goldgelben Messingplatten. Messing hat die Eigenschaft, bei Kontakt mit Körpern zu oxidieren, es nimmt alle Abdrücke als Formen in seine Oberfläche auf.

Bild und Tod und die Frage nach Transzendenz gehören seit den archaischen Gesellschaften zusammen (vgl. Hans Belting, Bild-Anthropologie, 2001). In allen Kulturen und zu allen Zeiten haben Menschen nach Formen und Ritualen gesucht, eine Verbindung zwischen dem Diesseits des Lebens und dem Jenseits einer spirituellen Ordnung durch Bilder erfahrbar zu machen. Toivonens Werke sind Abdrücke und stehen für die Überdauerung von Vergänglichem.

Man braucht Schatten, um das Licht zu verstehen. Man muss gewissermaßen den Tod anerkennen, um das Leben zu verstehen“, so Toivonen.

 

Toni R. Toivonen (*1987, Helsinki, FI) lebt und arbeitet in Hämeenkoski, Finnland. Er schloss 2016 seinen Master of Fine Arts an der Academy of Fine Arts in Helsinki (FI) ab, nachdem er 2012 seinen Bachelor of Fine Arts an der Arts Academy of Turku University of Applied Sciences (FI) erworben hatte. Toivonen hat seine Arbeiten in mehreren Einzelausstellungen in Finnland sowie international gezeigt, darunter in Stockholm (SE) und Wien (AT). Seine Werke wurden auch in zahlreichen Gruppenausstellungen präsentiert, unter anderem im Ateneum Art Museum, Helsinki (FI), im Rovaniemi Art Museum, Rovaniemi (FI) und im Haus am Lützowplatz, Berlin (DE). Seine Kunst ist in bedeutenden öffentlichen Sammlungen vertreten, darunter im KIASMA Museum für zeitgenössische Kunst, Helsinki (FI), im Sara Hildén Art Museum, Tampere (FI), im Museum für Gegenwartskunst Krakau MOCAK, Krakau (PL), im Nelimarkka Museum, Alajärvi (FI), in der Saastamoinen Foundation, Helsinki (FI) und in der Wihuri Foundation, Helsinki (FI). Für sein Werk, das in den Dokumentarfilmen HEAVY (Theo Bat Schandorff, 2018) und Irti Kuvasta (Meeri Koutaniemi, YLE, 2023) festgehalten wurde, wurde Toivonen mehrfach ausgezeichnet.