Tür I – Rassistischer Terroranschlag in Hanau: Der Notausgang

Die Arena Bar und der Kiosk in Hanau-Kesselstadt waren ein regelmäßiger Treffpunkt für junge Menschen aus dem Viertel, viele mit internationaler Geschichte. Die Bar und ihre Gäste waren jahrelang Opfer harter polizeilicher Kontrollen und Überwachung gewesen. Manchmal flüchteten Menschen vor Polizeirazzien durch den Notausgang. Die Bar und der Kiosk wurden von sechs Überwachungskameras umfassend beobachtet – ein Eingriff in die Privatsphäre, der möglicherweise illegal war und auf das übermäßige Interesse der Polizei zurückzuführen ist.

Häufig fanden sie diese Notausgangstür verschlossen vor. Daher versuchte eine Gruppe von Opfern, die Stammgäste der Bar waren, in der Anschlagsnacht nicht, durch diese Tür zu entkommen. Auch die Polizeibeamt*innen, die nach dem Anschlag versuchten, die Tür zu öffnen, berichteten zunächst, dass sie nicht zu öffnen gewesen sei.

In den Monaten nach dem Anschlag forderten die Hinterbliebenen und die Initiative 19. Februar Hanau öffentlich Antworten zum Zusammenhang zwischen der übermäßigen Polizeipräsenz in der Arena Bar, dem Notausgang und den Morden.

Die Staatsanwaltschaft lehnte jedoch eine strafrechtliche Untersuchung der verschlossenen Tür mit der Begründung ab, es könne „nicht mit hinreichender Sicherheit davon ausgegangen werden“, dass die Opfer sie rechtzeitig hätten erreichen können.

Unsere Ermittlung, die Ende 2021 veröffentlicht wurde, nutzte die Aufnahmen der Überwachungskameras, um diese Behauptung der Staatsanwaltschaft zu überprüfen. Das Ergebnis zeigt, dass fünf der Opfer Zeit hatten zu fliehen: Wären sie zur Tür gelaufen und wäre diese offen gewesen, wären zwei Menschenleben gerettet worden.

Die Ermittlung half der Initiative und den Anwälten einiger Familien der Opfer dabei, den Druck auf die Behörden zu erhöhen, damit diese den Fall wieder aufnehmen.

Eine Version dieses Films wurde dem laufenden Untersuchungsausschuss in Wiesbaden im Dezember 2021 vorgestellt. Im Februar 2022 beschloss der Untersuchungsausschuss, Forscher*innen von FA/Forensis einzuladen, um im Laufe des Jahres eine Expert*innenaussage zu machen.

Forensic Architecture, London & Forensis, Berlin / Initiative 19. Februar Hanau

Hauptuntersuchungsleiter: Eyal Weizman
Veranwortliche Forscher*innen: Dimitra Andritsou, Robert Trafford
Recherche: Ashkan Cheheltan, Emily Dische-Becker, Christoffer Horlitz
Recherche und Videoproduktion: Lola Conte
Sounddesign: Emil Olsen
Übersetzung: Fabian Wolff
Diese Untersuchung wurde ermöglicht durch Haus der Kulturen der Welt, Berlin