Der Klang der Worte in der italienischen und europäischen Poesie

17.10.2024, 18:15 Uhr

Interview, szenische Lesung und musikalische Begleitung (Veranstaltung auf Italienisch und Deutsch)

Gast: Andrea Molesini, Verleger und Autor

Moderation: Dr. Marita Liebermann, Direktorin Akademie Erbacher Hof – Mainz

Musik gespielt von: Marta Cametti

„Die Poesie ist eine glückliche Synthese von Bedeutung und Klang, ein Gleichgewicht, das sich aus der Präzision des Ausdrucks ergibt, eine Kraft, die nicht ohne Leichtigkeit, eine Eleganz, die nicht ohne gedankliche Tiefe auskommt“.

In der Ausstellung Das Anwesende des Abwesenden durfte eine der höchsten Formen der künstlerischen Darstellung nicht fehlen: die Poesie. Diese transformative und introspektive Kunst par excellence, in der die vitale, kraftvolle und flüchtige Energie des Wortes eingeschrieben wird, die Spuren des Lebendigen, des Zeichens, das in der geschriebenen Seite gefangen und befreit ist, so dass es in der Zeit überlebt.

In der allgegenwärtigen und überwältigenden Vorherrschaft des Bildes in jedem Moment unseres täglichen Lebens, wird das Wort immer mehr in die Rolle des Nebendarstellers gedrängt. Doch gerade in der geheimen Musik jeder Sprache verbirgt sich die Perle des Lichts des Gedankens, der einzige Ort, an dem Freiheit existiert.

Aus dem Bedürfnis heraus, die Rolle der Poesie im literarischen Leben italiens neu zu beleben – und über sie nachzudenken -, entstand die Herausforderung des Schriftstellers, Übersetzers und Dichters Andrea Molesini. Im Oktober 2022 begang er das Wagnis, einen Verlag zu gründen, der sich der Poesie widmet, und zwar nicht nur der italienischen: die Molesini Editore Venezia.

Die Poesie, eine sinnstiftende Geste des menschlichen Wesens, ist die Frucht des hartnäckigen und unaufhörlichen Eingriffs der Phantasie. In jedem Individuum, in jedem Fragment des Lebens, erhebt und zelebriert die Vorstellungskraft einen rituellen Zusammenstoß mit der Realität. Sie stellt sich einem echten Duell, das es uns erlaubt, sowohl die scharfen Klingen der Objektivität, als auch die unserer eigenen Erfahrung, zu überschreiten, ohne von ihnen gedemütigt und überwältigt zu werden. Eine schöpferische Vorstellungskraft, die als Edelmut zu verstehen ist, so undefinierbar wie der Gesang, der aus Schwingungen, Klangfarben, Bewegung und Metamorphose besteht.

Zusammenfassend wird die Poesie zu einem Quell des Gedankens und zu einer Schatztruhe, ihn aufzubewahren, zu einem Ort der Verzauberung und der höchsten sprachlichen Tat. Wo das Ohr souverän wird und der Klang den Sinn und der Sinn den Klang verleiht, sich ihm anpasst und einverleibt.

Die Anwesenheit von Molesini Editore Venezia vom 17. bis 19. Oktober im Foyer des Frankfurter Kunstvereins ermöglicht es dem gesamten Publikum der Buchmesse, die in diesem Jahr Italien als Ehrengastland hat, aus erster Hand die wertvolle Arbeit dieses italienischen Verlags kennenzulernen. Dieser hat bisher 25 Gedichtbände, darunter drei deutschsprachige Dichter, mit Übersetzungen veröffentlicht.

Außerdem freuen wir uns darauf, am Abend des 17. Oktober um 18.15 Uhr, ebenfalls im Foyer des Frankfurter Kunstvereins, den Zusammenhang und die schöpferische Kraft der dem poetischen Material eingeschriebenen Spuren zu erforschen und zu entdecken. Spuren, die von der Ehrfurcht und dem Wunder des Wortklangs begleitet werden. Die Moderatorin Dr. Marita Liebermann wird ein Interview mit dem Verleger Andrea Molesini führen und ausgewählte Gedichte italienischer und deutscher Dichter in einer zweisprachigen (deutsch/italienisch) szenischen Lesung vorstellen. Diese wird von musikalischen Einlagen der Pianistin Marta Cametti untermalt.

Der Eintritt ist kostenlos. Die Veranstaltung ist Teil des Begleitprogramms zur Ausstellung Das Anwesende des Abwesenden und findet in Zusammenarbeit und unter der Schirmherrschaft des Italienischen Generalkonsulats Frankfurt a.M. statt.

 

Andrea Molesini, Schriftsteller, Dichter und Übersetzer, wurde in Venedig geboren und lebt dort. Er lehrte Vergleichende Literaturwissenschaft an der Universität Padua. Im Jahr 1999 erhielt er den Andersen-Preis für sein Lebenswerk als Autor von Märchen und Kinderromanen und 2008 den Monselice-Preis für literarische Übersetzungen Sein Roman Non tutti i bastardi sono di Vienna (Sellerio 2010 – Zu lieben und zu sterben, Piper 2014) erhielt mehrere Auszeichnungen, darunter den Campiello-Preis 2011 und den Comisso-Preis. Im Mai 2013 veröffentlichte er seinen zweiten Roman, La primavera del lupo (Sellerio – Im Winter schläft man auch bei Wölfen – Piper 2014). Es folgten Presagio (Sellerio 2014), La solitudine dell’assassino (Rizzoli 2016), Dove un’ombra sconsolata mi cerca, (Sellerio 2019) und der neueste Roman Non si uccide di martedì (Sellerio,2023). Im Jahr 2022 gründete er den Verlag Molesini Editore Venezia mit der Absicht, „die Rolle der Poesie neu zu beleben“.

Marita Liebermann, Literatur- und Kulturwissenschaftlerin, ist seit 2023 Direktorin der Akademie des Bistums Mainz. Schwerpunktmäßig forscht sie derzeit über das Lesen aus kultur- und medientheoretischer Sicht, Theorien der Übersetzung sowie Konzepte der Interdisziplinarität. Ein Zentrum ihrer Interessen bildet Italien. Ihr Studium der Germanistik und Italianistik in Hannover, Pavia und Perugia schloss sie 1999 mit einer Magisterarbeit über die Dichterin Laura Battiferri ab. Im Rahmen anschließender Forschungs- und Lehrtätigkeiten an den Universitäten Hannover, Konstanz und Eichstätt erfolgte 2006 die Promotion mit einer Dissertation über Giacomo Casanovas Autobiographie, sodann die Habilitation mit einer Arbeit über das Zeitalter Galileis 2015. Von 2017-2023 war sie Direktorin des Deutschen Studienzentrums in Venedig. Sie hat vielfältige wissenschaftliche und journalistische Publikationen vorgelegt.

Marta Cametti schloss 2003 ihr Klavierstudium bei Ida Scognamiglio am „O. Respighi“-Konservatorium in Latina ab. Sie experimentierte mit verschiedenen Formationen der Kammermusik, Chören und Jazz-Ensembles. Ihre Interessen erbrachten ihr Einblicke in die Fähigkeiten aller darstellenden Künste durch ihre musikalische Zusammenarbeit mit Schauspielern, Tänzern und Malern. Mit der Geigerin Flavia Succhiarelli gründete sie 2016 das Duo Kham.