Elisabeth Caravella – Howto

2014
Prores Video, 25:14 min
Produziert von Le Fresnoy mit der Unterstützung von Fondation d’enterprise Hermès
Courtesy the artist

Elisabeth Caravella (*1986) ist eine französische Filmemacherin, die sich mit Hilfe von „How to“-Anleitungen über das Internet Techniken der digitalen Gestaltung angeeignet hat. Dieses Erlernen und die Nutzung von Fähigkeiten im Umgang mit Software zur Bildbearbeitung thematisiert die Künstlerin in ihrer Arbeit „Howto“. Der Film nimmt die Perspektive einer Gestalterin ein und lässt uns die Geschehnisse auf dem Bildschirm anhand der einzelnen Arbeitsschritte und Kommentare verfolgen. Anfänglich mutet die Animation wie die zweidimensionale Bildschirmästhetik eines Grafikprogramms an. Als stilistisches Mittel verwendet Caravella die Bild- und Formsprache eines Online-Tutorials, bis die Erzählung in eine andere Ebene übergeht.

Wir beobachten, wie die fiktive Gestalterin, deren Stimme wir hören, einzelne Gestaltungsmöglichkeiten der Software bedient, wie zum Beispiel die Farbe eines Objektes oder die Auswahl einer Schrift. Während dieses fortschreitenden Prozesses entgleitet ihr die Entscheidungshoheit zusehends. Das Programm lässt Änderungen nicht mehr zu und legt Parameter eigenständig fest, sodass die Software der Autorin bei der Gestaltung immer weniger Handlungsspielraum lässt und autonom zu handeln beginnt. Nach Eingabe eines Passworts verlässt sie die Ansicht des Arbeitsfensters gänzlich und das Geschehen springt auf das Format des filmischen Full-Screens um. Es entsteht ein neuer Illusionsraum. Eine Figur erscheint, die mit der Gesetzmäßigkeit der Bedienungsfenster bricht und sich wie ein Geist durch die maschinelle Welt bewegt. Die Bewegungen einer Tänzerin wurden mittels Motion Capturing übertragen, sodass die auf dem Bildschirm sichtbare Hülle in Form eines Umhangs wie in einer fließenden Choreografie anmutet.

Durch die Verschachtelung der Wirklichkeitsebenen verschwimmt die Zuordnung der inszenierten Räume. Wer trifft Entscheidungen innerhalb der Bildwelt? Zunehmend stellt sich die Frage nach Autorenschaft und Kontrollverlust in künstlichen Realitäten. Caravella thematisiert die Sehnsucht nach der Erschaffung paralleler Welten, nach dem Ausbrechen aus alltäglichen Strukturen in fantastische Illusionsräume und Orte der Kompensation, in denen die Regeln des Alltags zwar überwunden scheinen, die aber gleichzeitig die Unterordnung an neue Regeln abverlangt.

Was als Reise in Ichform durch den gestalterischen Prozess in einem Grafikprogramm beginnt, geht über in eine bildhafte Reflektion über die Sehnsucht und Anziehungskraft von erschaffenen Kunstwelten, in denen wir uns verlieren und wiederfinden können.

 

„Howto” wird präsentiert auf Samsung The Wall

 

Mit freundlicher Unterstützung von Mediativ AG aufgebaut