Kosmos, Meteoriten und Moldaviten

Meteorit Horace, größeres Individuum
Gewöhnlicher Chondrit
Gewicht: 10,1 kg
Fundjahr: 1940
Fundort: Horace, Greeley County, Kansas, USA
Leihgabe: Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung

Meteoriten sind Körper aus Stein und Eisen, die aus dem All auf die Erde fallen. Sie entstanden vor 4,56 Milliarden Jahren, in der Frühzeit unseres Sonnensystems. Meteoriten enthalten alle chemischen Elemente, aus denen das gesamte Sonnensystem besteht, auch solche aus denen letztendlich alles Leben auf unserem Planeten hervorgegangen ist. So stammt das Wasser der Ozeane von Kometen, das Kalzium und der Phosphor in unseren Knochen aus den Explosionen von Supernovae, der Wasserstoff in unseren Zellen ist ein Urelement des Urknalls. Wir tragen chemische Stoffe in uns, die aus den Sternen im Kosmos stammen. Das Material, aus dem alles Leben und alle Dinge auf der Erde hervorgegangen sind, ist die Asche ausgebrannter Sterne. Der Kosmos befindet sich nicht über der Erde, sondern hüllt uns ein.

Die internationale Forschungsgemeinschaft kennt mehrere Zehntausende Meteoriten. Diese werden unter verschiedenen Institutionen und Sammlungen aufgeteilt und nach Material, Ort, Land und Datum des Fundes benannt. Im Jahr 1940 wurden nahe der Ortschaft Horace im Greeley County, Kansas (USA) zwei Steine mit Gewichten von 9,2 Kilogramm und 10,1 Kilogramm gefunden. Berichte über den eigentlichen Fall des Meteoriten gibt es nicht und man muss davon ausgehen, dass er schon Tausende von Jahren zurückliegt. Das größere Stück ist hier ausgestellt und befindet seit 2005 in den Sammlungen des Senckenberg Instituts Frankfurt. Die Oberfläche der Vorderseite des Meteorits wird durch zahlreiche Einbuchtungen und Rinnen, den sogenannten Regmaglypten, geformt. Die Rückseite ist glatt. Meteoriten treffen mit Geschwindigkeiten von 10 bis 40 km pro Sekunde auf die Erdatmosphäre und werden je nach Masse bis auf Fallgeschwindigkeit abgebremst. Dabei verdampfen etwa 90 Prozent der Eintrittsmasse und an der Oberfläche bildet sich eine dünne Schmelzrinde. Horace ist ein Vertreter der Gruppe der Gewöhnlichen Chondriten (H5) und stammt ursprünglich von einem Asteroiden des Asteroidengürtels. Durch Zusammenstöße von Asteroiden im Asteroidengürtel wird Material herausgeschleudert. Dieses kann auf erdbahnkreuzende Bahnen gelangen und schlussendlich auf die Erde fallen.

 

Zigarrenschachtel mit 8 Moldaviten
Historische Sammlung G.H.R. v. Königswald (1902-1982)
Alter: Miozän, ca. 15 Millionen Jahre
Fundort: verschiedene Lokalitäten im Westen Tschechiens
Leihgabe: Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung

Vor circa 15 Millionen Jahren schlug ein Meteorit mit einem Durchmesser von etwa einem Kilometer in Süddeutschland ein. Er hinterließ einen 25 km breiten Krater, dessen Spuren noch heute gut sichtbar sind: das Nördlinger Ries. Binnen Sekunden wurde jegliches Leben im Umkreis von 200 km zerstört. Die enorme Kraft des Einschlags zerschmetterte die Gesteinsdecke rund um Nördlingen und schleuderte Gesteinsblöcke und -bruchstücke aus bis zu einem Kilometer Tiefe an die Erdoberfläche. Gleichzeitig bildete sich eine gewaltige Säule aus Gas und geschmolzenem Gestein und verteilte sich über große Entfernungen. Im mehrere hundert Kilometer entfernten Tschechien regnete es geschmolzenes Glas. Diese Riesauswürflinge tragen daher den Namen Moldavite. Wegen ihrer grün schimmernden Farbe werden sie als Schmucksteine verwendet.

Heute befindet sich diese Sammlung an Moldaviten am Senckenberg Institut Frankfurt. Sie wurde vor hundert Jahren angelegt. Zur damaligen Zeit wurde das Nördlinger Ries noch als Vulkankrater interpretiert. Denn der Meteorit selbst war beim Aufprall vollständig verdampft und alle anderen Gesteine erinnerten stark an den damals schon bekannten „Schwäbischen Vulkan“, der zur selben Zeit aktiv war. Die wahre Natur des Kraters blieb lange verborgen. Erst die Entdeckung von besonderen Quarzen, Verbindungen der Elemente Silizium und Sauerstoff, die sich nur unter extremem Druck bilden können, führte in den 1960er Jahren dazu, die wahre Natur des großen Kraters zwischen Bayern und Baden-Württemberg zu erkennen.

 

Videos des Meteoriteneinschlags in Russland 2013

Für die Ausstellung wurde im Internet Footage zahlreicher BeobachterInnen recherchiert, die den Einschlag eines Asteroids in Russland über Fahrzeug- und Sicherheitskameras zufällig eingefangen hatten.

Am Morgen des 15. Februar 2013 trat über dem russischen Tscheljabinsk ein auf 65.000 Tonnen geschätzter Meteorit in die Erdatmosphäre ein. Es handelte sich um einen sogenannter Chondrit, ein Gestein mit Eisenanteilen. Deutlich als heller Leuchtstreifen am Himmel sichtbar, bewegte er sich mit einer Geschwindigkeit von über 19 km/s. Dank der in Russland weit verbreiteten Autokameras entstanden viele Videoaufnahmen, die hier als Found Footage versammelt sind. Ein Meteoritenbruchstück fand sich später im 80 km südlich von Tscheljabinsk gelegenen Tschebarkulsee. Der Meteorit war der größte bekannte Meteorit seit über 100 Jahren. Bei dem Ereignis wurden zahlreiche Menschen durch Glassplitter verletzt, es wurden 3.700 Gebäude beschädigt.

 

„Witness the Day the Asteroid struck“
360°, 3D-Animation, USA, 2017, 2:27 min
Creators: Your Discovery Science (Discovery Communications)

Die Vorlage für die in der Ausstellung präsentierte VR-Experience ist das Phänomen des Tunguska-Asteroideinschlags. Die Visualisierung ging von der Hypothese eines Objekts mit einem Durchmesser von 40 Metern aus. Beim Eintreten in die Erdatmosphäre mit der geschätzten Geschwindigkeit von 40.000 km/h wird Luft zu einem harten Widerstand, so dass Asteroiden explodieren. Der Tunguska Asteroideinschlag scheint laut einiger Untersuchungen 1908 über Sibirien in die Erdatmosphäre eingetreten zu sein und explodierte einige Kilometer über dem Erdboden. Dabei zerstörte er ein Areal von über 2000 km2. Die ESA (European Space Agency) führt eine aktuelle Risiko-Liste der Asteroiden, die mit hoher Wahrscheinlichkeit in den kommenden Jahrhunderten mit der Erde kollidieren könnten. Die zurzeit 850 gelisteten Objekte haben einen Durchmesser von wenigen Metern bis zu einigen Kilometern.

 

KooKoon
Inner Earth – a seismosonic symphony
1999
Wolfgang Loos (Komponist) in Zusammenarbeit mit Frank Scherbaum (Geophysiker und Seismologe)
Audio-CD
Traumton Records

Die Erde ist in ständiger Bewegung und erzeugt Klänge – in jeder Minute und jeder Sekunde. Dabei handelt es sich nicht um einen akustischen Klang, sondern um seismische Wellen, die sich außerhalb des für den Menschen hörbaren befinden. Seismische Wellen, die weltweit ständig von hunderten Observatorien registriert werden. Signale von Erdbeben, Vulkanausbrüchen, Wind, Wellen, Verkehr oder Explosionen und der Gesamtheit akustischer Ereignisse. Fast alles was wir über das Innere der Erde wissen, beruht auf der mathematischen Analyse dieser seismischen Wellen. Die Signale beinhalten oft eine ästhetische Schönheit. Einzelne Welleneinheiten geben Störungen aus den Tiefen des Erdinneren wieder. Verstreute Oberflächenerschütterungen erzählen von der Veränderung der Wellengeschwindigkeit. Die Erde besteht aus Klang.

Wie wurden die Klänge der Erde hörbar gemacht? Es reichte nicht die Aufzeichnung seismischer Geschehnisse in eine andere Frequenz zu übertragen. Zwar werden sie damit hörbar, ergeben aber keine anregenden Eindrücke. Denn technisch gesehen führt eine Erhöhung der Tonlage nur zu einer Verkürzung des Signals. Es bedarf einer neuartigen Methode, die die seismischen Aufzeichnungen überträgt, sie neu arrangiert und verändert zusammenfügt. Was die BesucherInnen hörten waren Klangwelten, die gänzlich ohne Zuhilfenahme von Instrumenten und allein durch Methoden der Transformation seismischer Aufzeichnungen erzeugt wurden.