Lauren Lee McCarthy – LAUREN

2017
Video- und Rauminstallation, 03:50 min / Digitale Drucke
LAUREN Testimonials: Film von David Leonard

Lauren Lee McCarthys künstlerische Praxis widmet sich sozialen Beziehungen unter dem Einfluss von Überwachung, Automation und durch Algorithmen bedingte Lebensweisen. Zusätzlich zu ihrer Aktivität als Künstlerin entwickelt sie Software-Tools für KünstlerInnen und vermittelt die nötigen Fähigkeiten.

Ein Leben, in dem alle unsere Wünsche per Sprachbefehl in Erfüllung gehen, erscheint paradiesisch. Mit „LAUREN“ schaffte die Künstlerin eine menschliche Version von Amazons Wunscherfüllungsmaschine Alexa, dem sprachbasierten Interface von Amazons Smart Home Geräten. Lauren McCarthy führte mehrere drei- bis siebentägige Performances durch, die wir als Dokumentation in der Ausstellung sehen.

Für dieses Projekt hat die Künstlerin Anzeigen im Internet geschaltet, um Freiwillige zu finden, die sich bereit erklärten, am Experiment teilzunehmen. Diese verpflichteten sich speziell angefertigte Geräte im eigenen Haushalt zu installieren: Kameras, Mikrofone, Schalter für Licht, Fernseher, Toaster und Mikrowelle, steuerbare Wasserhähne und Türschlösser ermöglichten der Künstlerin die privaten Räume ständig zu beobachten und zu steuern. Über das Internet kommunizierten die BewohnerInnen mit der Künstlerin, die so zu einem ständig präsenten Faktor im Haushalt und im Alltag der Personen wurde. In dieser Zeit versuchte „LAUREN“ möglichst rund um die Uhr für die TeilnehmerInnen da zu sein. McCarthy’s Ziel war es, sich auf menschlicher Ebene in die Personen hinein zu fühlen. „LAUREN“ sollte eine menschliche Version der technischen Lösung von Amazons „Alexa“ sein. Durch das Wissen um die permanente Beobachtung bewegte sich die Beziehung zwischen Beobachteten und Beobachterin im Spannungsfeld zwischen Preisgabe des Privaten und Vertrautheit zu der ständigen Präsenz.

Das Interesse der Künstlerin gilt der Untersuchung menschlicher Sehnsüchte und dem Wunsch, nicht allein zu sein. Sie forscht nach der Bereitschaft von Menschen ihre Privatheit zugunsten eines Austauschs aufzugeben, und sei es auch nur in Form einer Stimme. Wie bereits zahlreiche wissenschaftliche Projekte testen, laufen intensive Forschungen zu von Algorithmen gesteuerten Sprachbots, die BenutzerInnen, KundInnen oder PatientInnen die menschlichen AnsprechpartnerInnen plausibel und kompetent ersetzen. Dass die Erweiterung der menschlichen Beziehungen weg von einer rein Mensch-zu-Mensch-Kommunikation hin zu Mensch-Technologie führt, ist absehbar. Wie die Qualität und Intensität der Beziehungen gestaltet und optimiert werden muss, ist von kulturellen Kontexten abhängig und ist bereits nun ein vehement umkämpftes Feld zwischen rein privatwirtschaftlichem Nutzen und öffentlichem Interesse.