Leben im Wassertropfen

2019
Drei-Kanalvideoprojektion
Ricarda Dennen, (Komposition, Sound), Marius Jacob (CGI, Animation), Simone Rduch, Dario Robra, Martin Thul (Master-Studierende, Intermedia Design Trier)
Prof. Daniel Gilgen (Installation), Marcus Haberkorn (Sound Editing) (Hochschule Trier)
Mit freundlicher Unterstützung durch: Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung – Stefanie Klein, Philipe Havlik

Die Hochschule Trier entwickelte mit der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung eine immersive Rauminstallation. Die wissenschaftliche Installation wurde in der Ausstellung erstmalig gezeigt. Ein Wassertropfen und das darin enthaltene Leben mit seinen unzähligen einzelligen Wesen sind hier als Animation und immersive Rauminstallation entstanden. Für den Menschen sind diese einzelligen Organismen mit dem bloßen Auge nicht zu erkennen. Die Ein- und Mehrzeller existieren bereits seit Millionen von Jahren auf dem Planeten. Sie sind aus Bakterien und ihrer Koexistenz durch Symbiose entstanden und aus ihnen wiederum alles weitere Leben, laut Lynn Margulis. In symbiotischer Verschmelzung hat Leben weiteres Leben erzeugt.

Die Augentierchen (Euglena) besitzen Merkmale sowohl von Pflanzen als auch von Tieren. Durch Drehungen des ganzen Körpers können die Euglena feststellen, aus welcher Richtung das für sie so wichtige Licht kommt. Wenn sie im Dunkeln leben, verlieren sie meist ihre grünliche Farbe; dann ernähren sie sich wie tierische Einzeller und nehmen zum Beispiel Bakterien auf. Im Licht hingegen bilden sie aus einfachen Stoffen mit den über die ganze Zelle verteilten Chloroplasten Zucker. Wie Algen können sie Licht binden und in lebende Masse umsetzen. Das der Mensch sehen kann verdankt er der Verwandtschaft mit diesen Urformen des Lebens. Rhodopsin, das Sehpigment in den Stäbchen unserer Augen, welches das Licht wahrnimmt, hat seinen Ursprung in unserer fernen Verwandtschaft mit den Urformen der Augentierchen.

Die ebenfalls einzelligen Strahlentierchen besitzen im Inneren eine feste Struktur. Diese besteht aus Silikat. Über Millionen von Jahren sind sie auf den Meeresboden gesunken und haben dort das feste Sediment gebildet, das bis heute die Materie unserer Welt geschaffen hat. Ihre Symmetrie und Schönheit hat Ernst Haeckel mit Zeichnungen im Jahr 1861 in seiner Habilitation untersucht und abgebildet. Strahlentierchen können symbiotische Algen besitzen, dank derer sie mit Licht Photosynthese betreiben. Sie sind Mischwesen aus Pflanzen und Tieren. Auch Wimperntierchen sind einzellige Lebewesen. Wie der Mensch sind sie von einer Vielfalt an Bakterien besiedelt, mit denen sie in einer Symbiose zusammenleben. Die Symbiose zwischen Wimperntierchen und schwefeloxidierenden Bakterien hat sich über sehr lange evolutionäre Zeiträume – vermutlich zehn bis hundert Millionen Jahre – erhalten. Die Bakterien liefern die Energie für ihren Wirt, das Wimperntierchen, in dem sie Schwefel oxidieren.

 

„Ganz gleich, wie sehr wir als Spezies von uns selbst eingenommen sind – Leben ist etwas viel Umfassenderes: ein unglaublich kompliziertes Wechselspiel zwischen Materie und Energie der vielen Millionen Arten außerhalb (und innerhalb) unserer eigenen Haut. Diese fremden Wesen auf der Erde sind unsere Vettern, unsere Ahnen und ein Teil unserer Selbst. Sie verwerten unsere Stoffe und liefern uns Wasser und Nahrung. Ohne die anderen können wir nicht überleben. Unsere symbiontische, verwobene Vergangenheit ist von einem Geflecht belebten Wassers durchzogen“. Lynn Margulis [aus: Der symbiotische Planet – oder wie die Evolution wirklich verlief, S. 147, Westend Verlag, Frankfurt 2017.]