Max Brück

Kreislauf, 2021
Rauminstallation
Förderbänder, Stahl, Archivlampen, Betonschutt des Technischen Rathauses Frankfurt am Main
Es ist Besucher*innen freigestellt, sich einen Stein mitzunehmen
Größe variabel
Courtesy der Künstler

Max Brücks Arbeit befasst sich mit der Frage, wie kollektive Erinnerung entsteht und welches Material dies sichtbar machen kann. Was bleibt übrig, wenn sich eine Stadt und das Leben in ihr verändert? Was prägt und wie verändert sich die Identität einer Stadt?

Für die Installation Kreislauf im Frankfurter Kunstverein, befasste sich Brück mit der unmittelbaren Umgebung der Institution, die Neue Frankfurter Altstadt. Brücks Recherchearbeit konzentrierte sich auf das Technische Rathaus, ein brutalistisches Gebäude aus den 1970er-Jahren, das an den Frankfurter Kunstverein angrenzte. Die architektonische Konzeption in der Formsprache der Moderne, seine geometrische Form, der Sichtbeton als Material und die Funktion des Gebäudes als Sitz der Stadtverwaltung standen für einen historischen Moment, in dem der Bruch mit der unmittelbaren deutschen Vergangenheit städtebaulich demonstriert werden sollte. Am Abbau dieses Gebäudes in den 2010er-Jahren und die Rekonstruktion einer historisierenden Altstadt auf mittelalterlichem Grundriss entzündete sich eine hart und kontrovers geführte Debatte über Architektur als Symbol für kollektive Erinnerung und gesellschaftliche Identität.

So wie in der Neuen Altstadt historische Versatzstücke an die nachempfundenen Gebäude zur Erinnerungszelebration an den Fassaden angebracht wurden, bringt Max Brück die einst entsorgten Trümmer des abgetragenen Technischen Rathauses an ihren ursprünglichen Ort zurück.

Max Brück geht zurück auf die Materialität von Geschichte. Für die ortsspezifische Installation Kreislauf recherchierte und kontaktierte er die Firma, die die Reste des Technischen Rathauses abgetragen hat und heute noch in der Peripherie der Stadt lagert. Denn der Abriss des Sichtbetons, einst ideologisch aufgeladener Werkstoff, wurde zerkleinert, um als neuer Rohstoff wiederverwertet zu werden. Als sogenannter Knollschlag findet er Verwendung für neue Bauten. Die Neue Altstadt selbst steht auf einer Schicht von Gabionenkörben, in denen der abgetragene Knollschlag des Rathauses das Fundament bildet.

Die Fragmente des Technischen Rathauses beleuchtet Brück mit Lichtkörpern, die er ebenfalls aus dem Kreislauf der ständigen Erneuerung entnommen hat. Es handelt sich um Lampen eines aufgelösten Archivs. Wie oft in seinen Werken bedient sich der Künstler der abgelegten, einst funktionalen Objekte und Instrumente, die in einer Gesellschaft ständiger technischer Erneuerung in immer schnelleren Zyklen obsolet werden.

Einerseits die Frage nach der Entstehung von Erinnerung, andererseits das Interesse für zukunftsorientierte Strategien, wie zum Beispiel das Urban Mining, kennzeichnen Brücks Arbeit. Urban Mining heißt übersetzt städtischer Bergbau und ist eine neue, nachhaltige Methode der Rohstoffgewinnung. So können vor allem die in den Städten vorhandenen Rohstoffe wieder in Produktionsprozesse zurückgeführt werden.

Max Brück hat bewusst ein umstrittenes Wahrzeichen der Innenstadt Frankfurts gewählt, an dem sich bis heute emotional geführte und ideologisch aufgeladene Debatten entzünden. Die von Max Brück zu einem Kreislauf miteinander verbundenen Transportbänder und Materialrutschen befördern in einer konstruierten Verlangsamung die Versatzstücke eines bereits vergessenen Wahrzeichens der Innenstadt. Der Künstler versiegelt die einzelnen Steine durch Vakuumierungstechnik zur Aufbewahrung. Er konserviert Versatzstücke, die von den Besucher*innen als Erinnerungsstücke mitgenommen werden können. Im Ausstellungsraum entsteht ein erster, sichtbarer Kreislauf, der durch die Teilnahme der Besucher*innen zu einem erweiterten, ideellen Kreislauf kollektiven Erinnerns wird. Der einzelne Stein, das Fragment, verweist auf ein ehemals größeres Ganzes, das nur noch über die Sprache und die Erzählung des Gewesenen in Erinnerung bleibt und wirkt somit sinnbildhaft für die Verhandlung von Identität einer Gesellschaft.

Max Brück (*1991, Schotten, DE) lebt und arbeitet in Offenbach am Main (DE) und Gießen (DE). 2018 schloss er sein Kunststudium an der Hochschule für Gestaltung Offenbach am Main (DE) in den Fächern Raum, Skulptur und Soziologie bei Prof. Heiner Blum, Prof. Susanne Winterling und Prof. Marc Ries mit besonderer Auszeichnung ab. Von 2015 bis 2016 absolvierte er ein Auslandssemester an der Akademie der schönen Künste in Warschau (PL). Er gewann zahlreiche Preise wie das Reisestipendium der Hessischen Kulturstiftung, das Jahresstipendium der Künstlerhilfe Frankfurt und das Arbeitsstipendium der Stiftung Kunstfonds. Max Brück hat unter anderem in folgenden Institutionen ausgestellt: Kunstforum der TU Darmstadt, Darmstadt (DE), The Watch, Berlin (DE), Kunst- und Kulturstiftung Opelvillen Rüsselsheim, Rüsselsheim (DE), Bistro 21, Leipzig (DE), Hafenhalle, Offenbach am Main (DE), Neuer Gießener Kunstverein, Gießen (DE), StudioNAXOS, Frankfurt am Main (DE).