Tega Brain, Julian Oliver & Bengt Sjölén – Asunder

2019
Drei-Kanal-Videoprojektion, Satellitenbilder, CESM-Klimamodell, Multiprozessor-Computer und selbsterstellte Software
Courtesy the artists

Die drei KünstlerInnen arbeiten als Kollektiv: Tega Brain ist Künstlerin und Umweltingenieurin, in ihrer Arbeit verbindet sie Kunst, Ökologie und Ingenieurswesen. Julian Oliver setzt sich kritisch mit Technologien auseinander; er arbeitet an Open Source Projekten zum Erhalt von Privatsphäre. Oliver ist Mitverfasser des „Critical Engineering Manifesto“ (2011). Bengt Sjölén ist freier Soft- und Hardware-Designer, Hacker und Künstler. Er beschäftigt sich unter anderem mit programmgesteuerter Erzeugung von Design, Hardware und Code.

Künstliche Intelligenz wird aktuell als Technik diskutiert, die das Potenzial hat, universale Probleme lösen zu können. Eine der zentralen Herausforderungen heute sind die durch menschliche Eingriffe verursachten drastischen Klimaveränderungen. Die KünstlerInnen Tega Brain, Julian Oliver und Bengt Sjölén entwickelten mit „Asunder“ einen KI-basierten fiktiven „Umweltmanager“. Die Arbeit besteht aus einem Hochleistungsrechner und einem speziell dafür entwickelten neuronalen Netz, die live Satelliten-, Klima-, Geologie-, Biodiversitäts-, Topografie-, Bevölkerungs- und Social-Media-Daten analysieren. Der „Umweltmanager“ ist über die Dauer der Ausstellung konstant mit dem Internet verbunden und generiert ständig neue Szenarien, die als Triptychon angeordnet sind. „Asunder“ präsentiert Fallstudien zu unterschiedlichen geologischen Gebieten, wie der Arktis, dem brasilianischen Regenwald, Silicon Valley oder Dubai. Diese Regionen wurden auf ihre Probleme hin untersucht. Die Visualisierung zeigt verschiedene simulierte Zukunftsszenarien, um unterschiedliche Problemlösungen zu entwickeln. So werden geologische Veränderungsmaßnahmen vorgeschlagen, unter der Annahme, dass die Optimierung des Planeten im Zeitalter des Anthropozän durch Geo-Engineering geplant werden kann.

In ihrem 2018 erschienenen Artikel „The Environment is not a System“ stellt Tega Brain Bezüge zu den Theoretikerinnen Nancy Katherine Hayles und Anna Lowenhaupt Tsing her, die unseren Wissensstand über den Planeten als komplexes System für unzureichend einschätzen. Der Begriff System impliziert ein aus Einzelteilen aufgebautes Ganzes, welches über die Steuerung dieser Einzelteile gelenkt werden kann. Komplexe ökologische Realitäten sind nur unzureichend durch mathematische Modelle und formale Input-Output-Relationen simulierbar. Durch Computerprogramme gelingt es mögliche Szenarien zu berechnen, doch wie alle Modelle stellen sie immer eine vereinfachte Abbildung der Wirklichkeit dar.

KI-Anwendungen im Allgemeinen werden mit interessenbezogenen Zielsetzungen entwickelt. Wer die Systeme programmiert, gibt Parameter vor, wodurch immer das Risiko einer Verzerrung, das sogenannte „Bias“, bleibt. „Asunder“ setzt nicht den Menschen als zentralen Bezugsfaktor, sondern hat die Balance zwischen natürlichen Ressourcen, sozialer Gerechtigkeit, den Schutz bedrohter Arten und die Nachhaltigkeit der Produktion mit eingebracht. BetrachterInnen werden einige der Lösungen, die das System errechnet, als verstörend erachten, denn es entstehen Planspiele, die zum Beispiel die Umsiedlung ganzer Städte oder deren Auslöschung empfiehlt.