Podium: Eine Anatomie der Provokation: Der Tod und die Kunst

02.07.2014

mit Berlinde De Bruyckere (Künstlerin), Thomas Macho (Kulturwissenschaftler und Philosoph), Friedhelm Mennekes (Theologe und Kunstvermittler), Friederike Tappe-Hornbostel (Leitung Kommunikation Kulturstiftung des Bundes), Moderation: Lilian Engelmann

Einen echten toten Körper oder Teile davon innerhalb der Kunst zu verwenden wird zumeist als skandalös empfunden. So etwa in jüngerer Zeit als der Künstler Gregor Schneider 2008 als Ausstellungsprojekt ankündigte, das Siechtum eines Sterbenden in einem Museum auszustellen; auch die Werke von Teresa Margolles oder Berlinde De Bruyckere lösen häufig heftige Emotionen aus. Das von der Kulturstiftung des Bundes mit einer hohen Geldsumme geförderte Projekt die „Große Pyramide“ von Ingo Niermann und Jens Thiel, das als das „größte Grab aller Zeiten“ in Sachsen-Anhalt errichtet werden sollte und sowohl Friedhof als auch touristische Attraktion und Arbeitgeber hätte sein sollen, wurde ebenfalls als Grenzüberschreitung empfunden. Die Podiumsdiskussion ging der Frage nach warum und ab wann der Umgang mit Toten zum Skandal wird: Welche Grenzen überschreitet die Kunst hier eigentlich?

Die belgische Künstlerin Berlinde De Bruyckere bildet aus Wachs, Tierhaut und Haaren, Wolle und Holz menschlich oder tierisch anmutende Figuren, teilweise fragmentiert, die nahezu realistisch wirken. Figuren von denen man nicht weiß, ob sie noch lebendig oder bereits tot sind. De Bruyckere studierte an der Kunstakademie Sint Lucas in Gent. 2013 bespielte sie den belgischen Pavillon auf der Venedig Biennale.

Thomas Macho ist seit 1993 Professor für Kulturgeschichte an der Humboldt-Universität zu Berlin. Er promovierte 1976 er an der Universität Wien. Mit einer Arbeit über Todesmetaphern habilitierte er sich 1983 für das Fach Philosophie an der Universität Klagenfurt. Macho war Mitbegründer des Hermann von Helmholtz-Zentrums für Kulturtechnik und von 2006 bis 2008 Dekan der Philosophischen Fakultät III an der Humboldt-Universität zu Berlin. Im Studienjahr 2013/14 ist er Fellow am Internationalen Kolleg „Morphomata“ an der Universität Köln.

Der Jesuit Friedhelm Mennekes ist derzeit Gastprofessor am Fine Art Dpt. Seattle University, Seattle WA. Er studierte Philosophie, Politische Wissenschaft, Geschichte und Kath. Theologie in Bonn, München und Frankfurt am Main und promovierte in Bonn in Philosophie. Es folgten Studien zur Religionssoziologie und eine Habilitation in Theologie. Viele Jahre war er als Professor für Praktische Theologie und Religionssoziologie an der Phil.-theol. Hochschule Sankt Georgen in Frankfurt am Main tätig (bis 2008). Als Ausstellungsmacher gründete er die Kunst-Station Frankfurt am Main Hbf (1985–1989) und leitete von 1987–2008 die Kunst-Station Sankt Peter in Köln. Seit 2011 lehrt er zeitgenössische Kunst und ihre Vermittlung am Kunsthistorischen Institut der Universität Bonn.

Friederike Tappe-Hornbostel ist seit 2002 Leiterin der Kommunikationsabteilung und Pressesprecherin zur Kulturstiftung des Bundes. Nach dem Studium der Germanistik und Philosophie in Göttingen und einem Referendariat in Kiel arbeitete sie von 1989 bis 1994 als Lektorin des DAAD an der Universitat de Barcelona. Von 1995 bis 2000 war sie als Referentin für internationale Beziehungen für die Weimar 1999 Kulturstadt Europas GmbH tätig. Anschließend leitete sie zwei Jahre lang die Abteilung für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sowie Gastspielorganisation des Deutschen Nationaltheaters Weimar.