Bending the Curve – Wissen, Handeln, [Für]Sorge für Biodiversität
13.10.2023 — 03.03.2024
Eine Kooperation mit dem Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum und dem Zoo Frankfurt
Co-Kreation Kunst: Franziska Nori
Co-Kreation Wissenschaft: Katrin Böhning-Gaese
Alexandra Daisy Ginsberg / Fernando Laposse / Julia Lohmann / Maurizio Montalti / MYRIAD. Where we connect. / Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung IAP / Karlsruher Institut für Technologie, Fakultät für Architektur / Max-Planck-Institut für Verhaltensbiologie / Walter R. Tschinkel / Zoo Frankfurt
Bending the Curve – Positive Erzählungen und konkrete Handlungsmodelle
Ohne Artenvielfalt ist auf dem Planeten Erde auch keine menschliche Existenz möglich. Schon zu lange nimmt die Artenvielfalt jedoch ab. Und zwar in alarmierendem Tempo. Diese Erkenntnis eint das Kurator:innenteam des Frankfurter Kunstvereins, welches das Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum sowie den Zoo Frankfurt eingeladen hat, sich zu einer interdisziplinären Kooperation zusammenzuschließen. Ergebnis ist die neue Ausstellung Bending the Curve – Wissen, Handeln, [Für]Sorge für Biodiversität, deren Titel auf das Konzept „Bending the Curve of Biodiversity Loss“ anspielt. Es geht um die Frage, wie der Negativtrend gestoppt oder sogar umgekehrt werden kann. Und es geht um positive Erzählungen. Damit beschäftigen sich die in der Schau versammelten Positionen aus Kunst und Wissenschaft. Sie illustrieren Wege und Handlungsideen zur Erholung der Ökosysteme und dienen dem Ziel einer Schubumkehr in der Biodiversitätskrise.
Franziska Nori (Co-Kreation Kunst) und Katrin Böhning-Gaese (Co-Kreation Wissenschaft) haben international renommierte und innovativ arbeitende Künstler:innen eingeladen, im Frankfurter Kunstverein aktuelle, zum Teil eigens für die Ausstellung geschaffene Werke zu präsentieren. Dazu gehören raumgreifende Installationen ebenso wie Arbeiten aus dem Bereich der computergenerierten Wirklichkeit. Im Frankfurter Kunstverein treffen sie auf Positionen, die das Ausstellungsthema aus der wissenschaftlichen Perspektive veranschaulichen. Etwa durch Big-Data-Modelle, Erfahrungen mit Virtual Reality, ein lebendes Ameisenvolk sowie Ergebnisse innovativer Materialforschung und auf aktiver Teilnahme basierenden Citizen-Science-Projekte.
Die künstlerischen ebenso wie die wissenschaftlichen Ausstellungsstücke stehen für mehr als nur symbolhafte Verweise. Stattdessen präsentiert Bending the Curve Künstler:innen, Forschungsprojekte und Initiativen, deren Arbeit sich auf aktives Handeln für die Transformation konzentriert. Was sie in der Ausstellung zeigen, ist nach der Idee der Co-Kreation entstanden und steht für einen gemeinsamen interdisziplinären Schöpfungsprozess, der sowohl menschliche als auch nicht-menschliche Lebewesen einschließt.
Die Exponate und ihre Entstehungsweise zeigen, wozu eine Umkehr in Denken und Handeln sowie eine neue Werte-Priorität führen können. Auf der im Ausstellungsuntertitel formulierten Grundlage von Wissen, Handeln, [Für]Sorge für Biodiversität propagieren die Macher:innen und deren Werke eine Abkehr vom Anthropozentrismus hin zu dem von Donna Haraway geprägten Begriff transformativer Naturecultures. Die zukunftsweisende Haltung der in Frankfurt präsentierten Künstler:innen ergibt sich auch daraus, dass sie nicht nur nachhaltige, sondern regenerative Kunst präsentieren. Anders als Nachhaltigkeit, die darauf abzielt, Ressourcen zu erhalten und negative Folgen zu minimieren, richtet regenerative Kunst den Fokus auf Koexistenz mit den Ökosystemen. Dafür müssen die Koordinaten des täglichen Daseins so aufeinander abgestimmt werden, dass ein lebenswertes soziales Umfeld entsteht und dies zugleich der Erholung und Erneuerung, wenn nicht sogar der völligen Gesundheit der Umwelt dient.
Die Ausstellung im Frankfurter Kunstverein ist inspiriert von dem Projekt „Bending the Curve of Biodiversity Loss“. Dahinter verbirgt sich ein internationales Netzwerk, das von Dr. David Leclère geleitet wird und dem 60 Wissenschaftler:innen sowie 46 Institutionen angehören. Sie weisen nach, dass sozial-ökologische Transformation trotz der schwierigen Bedingungen noch möglich ist und leiten daraus die Forderung an die Zivilgesellschaft wie auch an Politik und Wirtschaft ab, entsprechend zu handeln.
Der Frankfurter Kunstverein versteht sich als ein kulturelles, in der Mitte der Gesellschaft verortetes Forum. Mit den Mitteln der Kunst und des bildhaften Denkens führen Künstler:innen und Expert:innen aus unterschiedlichen Bereichen dort einen öffentlichen Diskurs mit Akteur:innen aus der Zivilgesellschaft und animieren auf diese Weise zum politischen Handeln.
Nach den Ausstellungen Trees of Life – Erzählungen für einen beschädigten Planeten und Die Intelligenz der Pflanzen, die 2019/2020 bzw. 2021/2022 zu sehen waren, setzt der Frankfurter Kunstverein mit Bending the Curve die Reihe der Kooperationen zwischen zeitgenössischen Künstler:innen und internationalen, naturwissenschaftlichen Forschungsinstituten fort.
Kunst und Wissenschaft: Eine disziplinübergreifende Kooperation
Für Bending the Curve hat der Frankfurter Kunstverein zwei starke Partnerinstitutionen aus Frankfurt eingeladen: das Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum und den Zoo Frankfurt. Entstanden ist die Ausstellung in enger inhaltlicher Zusammenarbeit und Co-Kreation zwischen Prof. Franziska Nori (Co-Kreation Kunst) und Prof. Dr. Katrin Böhning-Gaese (Co-Kreation Wissenschaft). Beide wurden unterstützt von Dr. Christina Geiger (Zoo Frankfurt).
Prof. Franziska Nori leitet den Frankfurter Kunstverein seit 2014. Unter ihrer Leitung entstand ein Programm, das gesellschaftliche Themen an der Schnittstelle von Kunst und Wissenschaft entwickelt. Hierfür wurde sie und der Frankfurter Kunstverein mit zahlreichen Preisen für die beste Ausstellung ausgezeichnet: Binding Kulturpreis 2019, Ausstellungspreis 2020 der Dr. Marschner Stiftung, art-Kuratorenpreis 2022 des art-Kunstmagazin.
Als Spezialistin für Biodiversität weist sich Prof. Dr. Katrin Böhning-Gaese nicht nur durch ihre Arbeit als Wissenschaftlerin, Direktorin des Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrums und Trägerin des Deutschen Umweltpreises 2021 aus. Zu einer Fachfrau im Kampf um die Erhaltung der Artenvielfalt macht sie auch ihr Engagement in politischen Beratungsgremien und internationalen Foren.
Der von Dr. Christina Geiger geleitete Zoo Frankfurt leistet Pionierarbeit in Sachen Artenschutz und Biodiversität. Durch engagierte Forschungs- und Bildungsarbeit trägt der Zoo aktiv zur Erhaltung gefährdeter Tierarten und Lebensräume bei.
Zu den wissenschaftlichen Forschungsinstituten, die eingeladen wurden, in Frankfurt ihre Erkenntnisse zu präsentieren, zählen das Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung IAP (Dipl.-Ing. Thomas Büsse und Dr. Jens Balko), das Max-Planck-Institut für Verhaltensbiologie (Prof. Dr. Martin Wikelski und sein Team), das Karlsruher Institut für Technologie (Prof. Dr. Dirk Hebel und die Fakultät für Architektur). Zahlreiche Exponate der Ausstellung wurden in Kooperation mit den Wissenschaftler:innen erarbeitet und entwickelt.
Die Transformation vom Wissen zum Handeln wird durch eine Auswahl junger Unternehmen repräsentiert: Magna Glaskeramik, Blue Blocks Seawood, Compost Board, Plasticiet, Shards Fliesen aus Bauschutt, Smile Plastics, Spared, Stone Cycling, UpBoards und Mogu stehen für innovatives Wirtschaften in den Bereichen der New Materials. Im Fokus stehen dabei Recycling, Urban Mining sowie der Einsatz natürlich nachwachsender und abbaubarer Rohstoffe.
Das Kurator:innen-Team zeichnet sich dadurch aus, dass Expert:innenwissen sinnlich erfahrbar und bildhaft anschaulich gemacht wird. Dazu gehört nicht zuletzt die Vermittlung durch ein umfangreiches Begleitprogramm. Die Ausstellung selbst wie auch die Kooperation zwischen dem Frankfurter Kunstverein und Wissenschaftsinstituten sind motiviert von der Frage nach dem wechselseitigen Transfer zwischen Wissenschaft und Gesellschaft.